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Dienstag, 29. Januar 2008

Mauern abreißen


Was den Sonntag als Drittes so interessant machte, war der Fernsehfilm "Das Wunder von Berlin" im ZDF. Vorneweg muss ich sagen, dass ich mich nicht erinnern kann, wann mich ein Fernsehfilm so bewgt, gefesselt und begeistert hat!
Die einzige Kritikpunkt kommt gleich am Anfang, bevor der Film eigentlich losgeht: Der Titel! Sehr unglücklich gewählt, da dieser mehr nach einer SAT.1 "Movie-Premiere" oder was weiß ich klingt. Außerdem hatten wir schon mehrere Wunder: "Das Wunder von Bern", "Das Wunder von Lengede" usw.
Doch davon haben sich hoffentlich nicht viele abschrecken lassen!
Die Handlung: 1988, Marco Kaiser kommt aus seiner Sicht absolut spiesigen Familie. Der Vater (Heino Ferch) hat einen hohen Posten im MfS (Ministerium für Staatssicherheit), die Mutter (Veronica Ferres) war Krankenschwester, der Opa (väterlicherseits) Soldat an der Ostfront. Marco entscheidet sich für ein Punkerleben um gegen dieses Elternhaus zu rebellieren. Auf einem Konzert lernt er Anja (Karoline Herfurth) kennen - und werden bei einer Razzia verhaftet. Sein Vater kann sich solch ein Verhalten des Sohnes in seiner Position nicht erlauben und der Konflikt zwischen Vater und Sohn verschärft sich das erste Mal: Der Vater bietet im Gefängnis an, dass er freigelassen wird, wenn er die drei Jahre Militärdienst absolviert. Marco willigt schließlich unter der Bedingung, dass Anja ebenfalls freigelassen wird, ein.
Während der Militärzeit zieht Anja in das Zimmer von Marco. Jürgen Kaiser (der Familienvater) erhält eine Akte über die "Schwiegertochter", die einige Ungereimtheiten aufweisen.
Die folgende Handlung will ich nicht weiter erzählen - sie ist gespickt mit Konflikten, Problemdarstellungen und klugen Anspielungen (Als der Opa den Fackelzug anlässlich des 40. Jahrestages der DDR im Fernsehen verfolgt, singt er das alte SA-Marsch-Lied mit und meint: "Wie '33, nur dass wir damals durch das Tor liefen!"). Opa Walter (Walter Gwisdek) blickt aber nicht mit einer Verklärung zurück - nein, er ist es, der gewisse Parallelen in der Ausnutzung der Macht erkennt.
Es wird vor allem eines aufgezeigt: Angst. Jeder hat Ängste. Ängste vor der Vergangenheit (hochinteressant - der zweite Vater-Sohn-Konflikt zwischen Jürgen und dem Opa: Jürgen seinem Vater: Wegen dir bin ich doch das geworden, was ich bin!"), Ängste vor der Zukunft! Was wird aus diesem Staat DDR? Dass der überzeugte STASI-Offizier Jürgen Kaiser davor Angst hat, ist nicht sonderlich verwunderlich. Doch bei der Grenzöffnung und angesichts der Begeisterung, mit der die Menschen in die BRD strömen, überfällt auch Hanna Kaiser, die sich für das "Neue Forum" (Bürgerbewegung) aktiv engagiert die Verunsicherung: "Haben wir DAS gewollt"?
Dieser Film zeigt diese Ängste auf. Und was das Wichtige ist: ohne Wertung.
Und er zeigt, dass die vorurteilsfreie Verarbeitung der Geschichte der DDR und der Wiedervereinigung längst noch nicht abgeschlossen ist, ja, eigentlich noch nicht einmal richtig begonnen hat. Denn die muss ohne die Arroganz der der ehemaligen BRD-Bewohner geschehen. Ohne das Zeigen mit dem Finger auf die ehemaligen DDR-Bewohner! Das wurde zum großen Teil 18 Jahre lang verpasst.

Die Auseinandersetzung mit der DDR ist auch aufgrund der zunehmenden Versuche, den Kapitalismus zu hinterfragen, wichtig!

Ein Film, der ein Ansatz sein könnte, diese Auseinandersetzung auf ein neues Niveau zu heben!

Wer sich für dieses Thema weiter interessiert, dem seien noch zwei Bücher wärmstens empfohlen: Christoph Hain - Horns Ende und Thomas Rosenlöcher - Die verkauften Pflastersteine. Dresdener Tagebücher

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