Gedanken, Kommentare, Meinungen zu Aktuellem & Vergangenem oder einfach nur etwas, was wert sein könnte von aller Welt gelesen werden zu können.

Samstag, 3. November 2012

Unerwartet

Freitagabend, Anfang November: Es ist schon längst dunkel geworden, ein leichter Regen lässt die zahlreichen Brückentags-Einkäufer noch gehetzter durch die Stadt eilen, als sie es eh schon den ganzen Tag tun. Man flüchtet in Restaurants, Bars und Cafés, in denen die Bedienungen, die gerade in ihr erstes oder drittes Semester in BWL gestolpert sind, der Flut von Gästen nicht mehr Herr werden. Dafür reicht es noch für zwei auf das Haus gehende Gläser Sekt für die beiden Mädels am Nebentisch. Nach einer gelesenen Erzählung in diesem übertrieben urbanen Ambiente geht es zum kurz vorher beim Umherstreifen und Überlegen, ob man nicht doch heimgehen soll, spontan festgelegten Ziel: Die Stiftskirche mit ihrer traditionellen Konzertreihe Stunde der Kirchenmusik.
Auf dem Programm stehen "Motetten aus vier Jahrhunderten", gesungen vom Kammerchor Konservatorium Winterthur. Die Auswahl der Stücke enthält hauptsächlich Titel, von denen ich noch nie etwas gehört hatte. Okay, Bach kennt man - allerdings nicht seine gefühlten 3000 Stücke, die er komponierte. "Joshua fit the battle" als letztes Stück kannte ich noch aus dem Musikunterricht. Hat Verve!
Das Publikum ist wie nicht anders zu erwarten durchschnittlich stark ergraut und ich frage mich, wieviele hier wohl jeden Freitag um 19 Uhr da sind. Die Kirchenbank ist trotz zweier Sitzkissen traditionell unbequem und ich frage mich, warum Orthopäden bei Rückenleiden nicht als erstes fragen, ob man regelmäßiger Kirchgänger ist. Die vorderen Reihen sind inzwischen gut besetzt, in den hinteren ist es angenehm frei. Als der Chor auftritt habe ich den gleichen Gedanken wie jedes der wenigen Male, als ich einen professionellen Chor auftreten sah: zahlenmäßig ein wenig schwach besetzt. Und wie diese wenigen Male zuvor wurde ich auf gestern wieder überrascht von der Stimmgewalt, die von diesem sich aus 30 Einzelstimmen zusammenfließenden Klangkörpers ausging.
Es folgte eines der für mich beeindruckendsten Konzerte dieses Jahres! Eine wunderbare Reise durch die Zeit der Chormusik. Völlig beeinduckt und wirklich ergriffen war ich von zwei moderneren Stücken, bei denen der Chor den ganzen Raum und die tolle Akustik der Kirche ausnutzte: Lux Aurumque von Eric Whitacre und Gloria von Jan Sandström - absolut beeindruckend, auch mit welcher Energie der Chorleiter es schaffte die bei diesen Stücken über den kompletten Altarraum verteilten Sängerinenn und Sänger zu vereinen.

Als ich aus der Kirche herauskam waren die Geschäfte geschlossen, die Einkaufsstraßen schon weniger voll und eine angenehme innere Ruhe blendete die letzten hetzenden, tütenbepackten Passanten, die keinen Platz mehr bei ihrem Stamm-Italiener bekamen, sowie den Regen einfach aus.







Dienstag, 11. September 2012

Die erste Stunde

Das Frühstück viel aus wie oft unter der Woche: Knäckebrot und Kaffee. Viel Kaffee. Natürlich machte ich mir viele Gedanken über die erste Stunde in der neuen Klasse - TG, Klasse 13. Abitur über Literatur, viele verschiedene Arten, diese Literatur zu verstehe und anzunehmen werden irgendwie kanalisiert werden müssen. Müssen sie das? Während diese Gedanken im Kopf schwirrten, stieg ich in den Bus, in den Zug und die Stufen zu meinem Lehrerzimmer hinunter. Die anderen waren im Unterricht, sodass ich in Ruhe kopieren gehen konnte.
Ich ließ mir von Hermann, der die Klasse bisher unterrichtete, den Weg zum Zimmer erklären und war - natürlich - zwei Minuten zu spät. Freundliche, aber vor allem erwartungsvolle Blicke lagen auf mir - das ist immer der spannendste Augenblick. Ein neuer Lehrer, eine neue Klasse - Neugierde, Erwartungen, Vorfreude, Befürchtungen auf beiden Seiten. Ich setzte mich (auch wenn ich währenddessen oder spätestens danach oft dachte, dass das etwas pseudo-locker wirken könnte) auf einen Einzeltisch, den ich zu den Schülern nah heranzog.
Ich stellte mich vor, buchstabierte aus der Gewohnheit von mehr als 20 Jahren meinen Namen, und verwarf meinen Plan, den ich mir am Abend zuvor überlegt hatte, sofort. Was entstand, war eine unglaublich angenehme erste Doppelstunde, in der ich die Schüler, die ich von nun an vier Stunden in der Woche bis zu ihrem Abitur begleiten sollte, versuchte kennenzulernen. Das erschien mir viel wichtiger, als die erste Aufgabe anzugehen, die so noch sechs Tage Zeit hatte zu reifen.

Sonntag, 9. September 2012

Olympia und Fußball

Eine Woche während Olympia in Großbritannien, die Eindrücke waren ganz interessant:

- Akustische Wahrnehmung des Abschluss-Feuerwerks
- Dreimal am Olympia-Stadion vorbeigefahren
- Olympia-Sieg von Chris Hoy im Pub verfolgt
- Festgestellt, dass das Thema Nummer eins bei Taxifahrern in Swansea die anstehende zweite Premier-League-Saison von Swansea ist


Ansonsten haben sich die Eindrücke vom englischen Fußball wieder einmal bestätigt! Vierte Liga, Hereford vs. Macclesfield, 2000 Zuschauer, die Stimmung war im Prinzip peinlich! Einzelne Versuche, Lieder anzustimmen, nach den Toren dann war kurz das Potential zu erkennen. Bei 16 Pfund kann man sich a) wundern, dass 2000 Zuschauer zu solchen Spielen kommen und b) erklären, dass der Altersschnitt relativ hoch ist bzw. keine Konstanz bei den Zuschauern ist.
Dann aber auch wieder erstaunlich, dass zu einem Vorbereitungsspiel wie Swansea gegen Stuttgart doch fast 10 000 Zuschauer kommen. Abseits der großen Clubs besteht also doch noch etwas Hoffnung, dass in diesem großartigem Fußball-Land auf dem Wimbledon-Centre-Court nicht mehr Stimmung herrscht als in den Stadien!

UK-Station IV: Swansea

Wie man mir sagte, sei Swansea die regenreichste Stadt in Großbritannien. Der Plan war daher: Nicht zu Hause bleiben, aber soviel Zeit wie möglich unter einem schützenden Dach verbringen, sprich im Stadion und in Pubs!

In einem der Pubs traf ich auf einen Londoner, den es nach Wales verschlagen hatte, seine Herkunft aber stolz in die Haut einer seiner Arme stechen ließ: Tottenham Hotspurs. Ein Name reichte, um das Eis zu brechen - Jürgen Klinsmann. Bis zu seinem bedauernswerten Wechsel nach München der Lieblingsspieler meiner frühen Fußballjahre, vor allem verfolgte ich sein Gastspiel bei Tottenham, was damals noch nicht so einfach war, aber durch erstaunlich viele Berichte in der sonntäglichen Sportschau erleichtert wurde. Nun war er die Basis für einen tollen weiteren Abend, der auf einer spontanen, eigentlich schon beendeten Geburtstagsparty endete.

Swansea soll ansonsten ganz nett sein!

Donnerstag, 6. September 2012

Hinter der Fassade

stor|nie|ren [ital.] (Kaufmannsspr. rückgängig machen; Buchungsfehler berichtigen); Stor|nie|rung

Manchmal wäre das Leben einfacher, wenn hinter manchen Aktionen eine simple, nüchterne Definition stecken würde.
Aber eine Lösung wäre es zugegebenermaßen nicht.
Also klingen die beiden EPs der wunderbaren Band Oscar And The Wolf, die gestern Abend im Merlin gastierten, durch die heimischen Boxen, anstatt durch die Kopfhörer auf dem Fensterplatz im Großraumabteil.

Mittwoch, 5. September 2012

UK-Station III: Irgendwo in Wales

Der warme Sommerwind vermischte sich mit den Klängen eines schon fast vergessenen Oldies und beide wehten durch die offenen Fenster des alten, schon sehr mitgenommenen Kleinwagens, der sich beherzt den Weg durch die zalreichen Schlaglöcher eines abgelegenen Weges bahnte, in Richtung eines einsam daliegenden Flusses - irgendwo in Wales.

Dienstag, 14. August 2012

UK-Station I: London

" "[...] you should avoid taking a car around London during the Olympics[...]" Ich kann plötzlich fühlen, wie sich neue Synapsen in meinem Gehirn bilden, ganz neue Verbindungen eingehen, wo bisher eher Brachland war. Während ich abwechselnd versuche, Straßenschilder an Häuserwänden zu suchen und mit der linken Hand den Schalthebel. Ich vermute stark, dass mindestens zweimal mein Nachbar rechts oder links an einer roten Ampel denken musste, ich fordere ihn zu einem Rennen auf, so wie der Motor des Mietwagens bei den ersten Versuchen zu schalten aufheulte. Es wurde langsam dunkel und neben des nicht funktionierenden Navis meines Handys stellte mit dem Einbruch der Dunkelheit auch das Handynetz zeitweise sinen Dienst ein. Da war das Schild Richtung Shoreditch/Hackney schon eine geraume Zeit passiert. Ein kurzes lautes Fluchen, ein waghalsiges Wendemanöver (wobei die Erinnerung an meinen einzigen Unfall in einem englischen, zweispurigen Kreisverkehr vor sechs Jahren nochmals ungleich deutlicher vor Augen war) und nach der richtigen Abfahrt und zwei zufälligen Richtungs-Entscheidungen befand ich mich plötzlich auf einer Straße, die ich von meinem letzten Besuch in London tatsächlich kannte und wusste, dass sich mein Ziel ca. eine Minute entfernt befindet. Sie haben Ihr Ziel erreicht.

Mittwoch, 9. Mai 2012

Foto vs. Selbstwahrnehmung

Von der fünftägigen Reise nach Russland, zu unserer Partnerschule in das 70 km nördlich von Moskau liegende Dmitrov, gibt es unzählige Fotos, von denen jedes einzelne versucht, die vielfältigen Eindrücke so gut es geht, festzuhalten. Und es gelingt ihnen doch ausgesprochen gut. Zahlreiche Momente tauchen bei bestimmten Anblicken aus dem Knäuel der Erinnerung auf, werden deutlicher, um dann geräuschlos und ohne viel Protest, wieder genau dort verschwinden. Ein Foto lässt mich allerdings seit zwei Tagen nicht mehr wirklich los. Es sträubt sich, leistet Widerstand gegen das erneute Zurücktreten ins Glied der Momentaufnahmen. Interessanterweise ist es kein Russland-spezifisches Foto. Darauf bin ich nicht zu sehen mit dem einbalsamierten und noch ziemlich taufrisch aussehenden Lenin in seiner gut bewachten Gruft. Und auch keines, das mich mit den so gastfreundlichen russischen Kollegen zeigt. Nein, dieses Foto hätte genauso gut auf dem Marktplatz in Schorndorf aufgenommen werden können. Darauf sind, links im Bild, die vier Schüler zu sehen, die uns Lehrer auf dieser Reise begleiteten, und, auf der rechten Seite, ich. Die vier Schüler sehen relativ interessiert und aufmerksam zuhörend aus – ich sehe aus, wie ein Lehrer! Nun sollte man meinen, dass das nicht weiter tragisch und Grund sein sollte, extra einen Text darüber zu schreiben. Ich hab ja nichts gegen Lehrer! Nur muss ich unbedingt aussehen, wie einer? Nun, wie sehen typische Lehrer aus? Ich kann es nicht beantworten – eben so, wie ich auf diesem Bild. In einer typisch erklärenden, alles zu wissen meinenden Pose. Ernst. Vielsagend. Und alt. Ja, das war ein Kommentar zu diesem Bild. Ich würde auf diesem Foto alt aussehen. Und das stimmt: Jedenfalls deutlich älter, als ich mich selber wahrnehme. Nun war ich der mit Abstand jüngste der insgesamt sieben Kollegen auf dieser Reise. Und die Anderen würden wohl milde lächeln bis empört auflachen, falls sie dies lesen würden: Ha! Alt – Du?! Komm Du erstmal in unser Alter! Ich hoffe doch, dass dies geschehen wird! Trotzdem beschäftigt mich dieses Bild mehr als gedacht. Ein Grund für diese Wahrnehmung könnte auch das sein, was ich auf diesem Bild trage: Jenas, Hemd, Sakko. Eben auch relativ typisch. Ich denke, ich werde diese Woche wieder mal im Kapuzenpulli zur Schule gehen.

Montag, 9. April 2012

Noch 'n Gedicht

Welttheater

Sollte es einen Regisseur zu diesem ganzen Theater geben, er müsste sehr an diesem Stück hängen.
Sollte es ein Publikum geben, es müsste sich langweilen.
Sollte es eine Kritik geben, es würde die Frage gestellt, wann dieses Stück endlich abgesetzt würde.
Es gibt Schauspieler, die meinen, eine Uraufführung zu spielen –
doch es ist nur eine neue Inszenierung.

Mittwoch, 4. April 2012

Unbeschreiblich

Es ist wie eine Explosion. Von einem auf den anderen Augenblick. Vielleicht kündigt es sich für zwei, drei oder vier Sekunden an. Man hofft so sehr, dass es passieren wird, dass „hoffen“ eigentlich ein viel zu schwaches Wort dafür ist. Man weiß einfach nicht, was als nächstes passieren wird. Kommt es zu diesem rauschhaften Erlebnis? Oder wird diese unbändige Hoffnung, es solle geschehen, in zwei Sekunden durch ein Gefühl der Enttäuschung abgelöst?

Und dann geschieht es und man weiß nicht, wohin mit seinen Emotionen, mit sich selbst. Man hört für unendliche zehn oder 15 Sekunden einfach auf zu denken und schreit undefinierte Geräusche, wenn man denn die Kraft aufbringt, zu schreien. Und das 6000-fach verstärkt bewirkt einen Sog, der für kurze Zeit alles außer Kontrolle geraten lässt. Ekstatisch verzerrte Gesichter von Freunden, mit denen man schon zehntausende von Kilometern zurückgelegt hat. Von vereinzelten Fremden, denen man nie mehr so nah kommen wird. Dazwischen für einen winzigen Moment millionenschwere Spieler, die wie Kinder vor diesem eingzäunten Torso übereinanderfliegen.

Und dieses unkontrollierbare Chaos von Emotionen lichtet sich ganz allmählich, es kommt wieder so etwas wie eine Struktur in das Ganze...zunächst nicht wahrnehmbar, aber dann doch unüberhörbar formiert sich ein 6000-Kehlen-Chor, der anfängt, unbändig zu singen, ein Lied in die flutlichtdurchflutete Nacht hinauszuschmettern. Jetzt spürt man den Schweiß, der einem den Rücken hinunterläuft und hört seine eigene Stimme in diesem mit nichts zu vergleichenden Gesang aufgehen.

Mittwoch, 28. März 2012

Belanglose Worte

Jetzt ist nicht Mittwoch. Jetzt ist früher ist Dienstag. Genauer gesagt Dienstagabend. Ich sitze daher auch nicht in der Regionalbahn nach Schorndorf, sondern daheim. Rechts neben mir blinkt der Fernsehturm unabänderlich. Er scheint sich zu einer Konstante in meinem Leben zu entwickeln. Er ist da, wenn ich aufwache und wenn ich heimkomme. Ein stabiler Anker, der vielen in dieser Stadt die richtige Richtung zeigt. Falls er eines Morgens einmal nicht mehr von der anderen Seite der Stadt zu mir herüberschauen sollte, dürfte das nicht nur für mich zu einem ernsthaften Problem werden.

Das Interessante am Schreiben eines Blogs ist, dass man manchmal nach sechs Zeilen eines Textes keinen blassen Schimmer mehr hat, a) wohin dieser Text führen könnte und b) mit welcher Intention man ihn eigentlich begonnen hat. Nun schreibe ich zum Glück keinen thematisch ausgerichteten Blog (Politik, Fußball, Mode...gibt es alles schon zu Genüge und kenn ich mich auch nicht überall gleich gut aus), sodass es im Prinzip auch völlig egal ist, über was ich schreibe. Da ich auch nicht weiß, wer hier regelmäßig mitließt, hat das Ganze mehr oder weniger Tagebuchcharakter.


Mittlerweile hat sich die erste Zeile dieses Eintrags überholt. Es ist Mittwoch, eine Woche später. Ich sitze in der Regionalbahn. Falls ich je nochmals auf den Gedanken kommen sollte, Journalist zu werden, ist das der letzte praktische Beweis, dass ich die Finger davon lassen sollte. Ich hatte mir das von Klasse 7 bis 11 wirklich überlegt, aber mehr als ein Artikel über Fredi Bobic in der Schülerzeitung Pegasus, die von uns als einer mit hoch fliegenden Idealen augestatteten Gruppe 7.-Klässler am Renninger Gymnasium wieder aufgelegt wurde und es sogar in die SDR3-Sendung Club Radio schaffte (was wir der Tatsache verdankten, dass der Vater eines guten Freundes Trainer der SDR-Frauen-Volleyballmannschaft war), einem Bericht über die Karl-May-Ausstellung im Ludwigsburger Landratsamt während meines einwöchigen Berufspraktikum bei der Ludwigsburger Kreiszeitung in Klasse 10 und einem Leitartikel (böse Zungen würden Grußwort sagen) Klasse 12 beim Versuch der nächsten Schülergeneration, die Schülerzeitung wieder aufleben zu lassen, reichte es nicht. Erstens wäre ich wohl dezent mit der Termineinhaltung der zu schreibenden Texte überfordert und zweitens hätte ich ständig die Befürchtung, dass meine Texte zu belanglos seien. Daher ist dieser Blog vielleicht der später Versuch, diesen früheren Berufstraum zu bewältigen, mit dem unschätzbaren Vorteil, dass ich Termine verstreichen lassen kann, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, und meine Texte eine Belanglosigkeit ausstrahlen können, dass es eine wahre Freude ist.

Mittwoch, 14. März 2012

Glück

Es ist nun schon drei oder sogar vier Jahre her, als wir mit Hawelka einen Auftritt im Feuilleton hatten. Eine wunderbare Live-Musik-Bar mit alten Zeitungen an den Wänden, trashigem Schick und einer tollen Bühne. Geführt wurde das Feuilleton von äußerst engagierten Leuten mit Liebe zur Musik abseits der Luftlinie ca. einen Kilometer entfernten Großhallen. Es war ein Samstag. Bands wie wir spielen nicht oft samstags (noch nicht...). Aber ein Wintereinbruch und die Tatsache, dass es der Samstag nach Neujahr war, bescherte uns ein Besucheransturm von vier Gästen, die a) nicht mit uns Musikern liiert und b) nicht zur Bar gehörten.
Jede Band wird diese Abende kennen, wenn man felsenfest davon überzeugt ist, dass man doch ein paar Zuhörer mehr verdient hätte. Ironischerweise sind oft solche Auftritte von einer Losgelöstheit gekennzeichnet, die zu erstaunlichen Musik- und Ansage-Ergebnissen führt.
Vor zwei Tagen ging es vermutlich der Band Die Türen ebenso. Montagabend, Club Manufaktur in Schorndorf. Gleichzeitig ein in der Stuttgarter Zeitung etwas größer angekündigtes, mystisches weibliches Elektropopduo (vermutlich aus Skandinavien...mystische Elektropopduos kommen – gender-unabhängig – meistens aus Skandinavien!) im Schocken und drei ehemalige Chefredakteure der Titanic in den Wagenhallen. Dazu eine 35 minütige Gondelfahrt mit der S-Bahn nach Schorndorf und schon führen die Wege von gerade mal geschätzten 50 Musikinteressierten zum Konzert dieser Band. Dieser wunderbaren Band. Man kann nur allen sagen, die sich für ein Alternativprogramm entschieden haben. Selber schuld!
Dieser Band gelang das, was ich neulich in einem Gespräch mit einer guten Freundin über Glück sagte: Momente des Glücks habe ich oft bei Musik. So wie am Montagabend, vor dem Mischpult stehend, in einer wunderschönen Location, dieser Band lauschend, die es auf eine bei einer deutschen Band noch nie gesehenen unprätentiösen Art und Weise schafft, einen mitreisenden Indie-Rock zu spielen, der von grandiosen, ironischen Songzeilen durchwoben ist und der mich seelig lächelnd alleine vor dem Mischpult zum Tanzen brachte und unter anderem z.B. diese Textzeile in meinen Kopf brannte:

„Ich will keinen Mindestlohn,
ich will Mindesliebe.“

Da ist jedes weitere Wort unangebracht!

Freitag, 9. März 2012

Mittwoch geschrieben - ehrlich!!

Da ist es also schon da, das gefürchtete Problem jeden Schreibers, ob unbedeutender Blogger oder ambitionierter Romanautor – was schreibe ich?
Meistens folgt eine selbstironisch aber oft verbittert klingende Beschreibung des Prozesses: Autor sitzt am Schreibtisch, vor sich das leere Blatt Papier, er weiß nicht, was er schreiben soll, wie der Handlungsfaden – soweit vorhanden und nicht bewusst oder unbewusst weggelassen – weitergespinnt werden soll bzw. was das Thema der nun mal wöchentlich zu schreibenden Kolumne sein soll. Und wenn darüber drei Spalten geschrieben wurde, hat man – welch überraschender Effekt – den Text beisammen. Auch auf anderen Gebieten wird ähnlich verfahren. Harald Schmidt gestaltet seit Jahren eine variierende Anzahl seiner Shows.
Heute morgen ist aber einfach nicht mehr drin. Punkt. Das muss man einfach auch mal akzeptieren und sollte nicht den Fehler begehen, einen Text künstlich zu verlängern. Es sollte im Prinzip eine Absichtserklärung von Autoren geben, die damit geloben, jede künstliche zeilenverlängernde Maßnahmen auszusetzen. Ein Text sollte die Selbstbestimmung über seine Länge nicht in die Hände von profilsüchtigen, egozentrischen Schreibern abgeben. Auch wenn es schwer fällt, solch einen Text hilflos daliegen zu sehen und die Hoffnung immer latent über ihm schwebt, dass man seine Existenz noch einige Zeilen verlängern kann. Nur um ganz wenige! Aber man sollte einsehen, wenn der Punkt erreicht ist, an dem es einfach nicht mehr weiter geht. Schade. Es sollte nicht sein.
Maschinen aus.

Mittwoch, 29. Februar 2012

Die war's!

Kaum ist mein kleines Blog- bzw. Schreibprojekt ehrgeizig ins digitale Leben gerufen worden, ruhte es auch schon für nun drei Wochen. Höhere Mächte waren am Werk – die Ärztin machte nach ca. einer Minute der Behandlung entzündete Nebenhöhlen dafür verantwortlich, verschrieb ein Antibiotikum, irgendwelche Gelkapseln, ein Nasenspray und mehrere Tage Bettruhe. Was die Erforschung und Entwicklung von Antibiotika angeht, kommt man doch immer wieder ins Staunen: Ganze drei Tabletten – in einer Verpackung für acht – befanden sich in der Schachtel. Laut Ärztin solle die Wirkung zehn Tage andauern. Die angebliche Wirkung der Gelkapsel hatte ich daheim schon wieder vergessen und das Nasenspray (eine Kochsalzlösung zum Befreien der Nase) liegt nun unausgepackt in meinem langsam stattlich ausgestatteten Medizinfach (für potentielle Einbrecher: nichts Weltbewegendes und meistens nur Reste!).

Das war der zweite Mittwoch, den ich ziemlich malad zu 90 Prozent im Bett verbrachte und wechselweise vor mich hin fror oder schwitzte.

Der dritte Mittwoch – Faschingsferien. Seit einigen Jahren mache ich mir irgendwie immer weniger aus dieser Zeit. Früher schon deutlich mehr – klar, eine von der Gesellschaft befeuerte „Jahreszeit“, in der per se viel alkoholische Getränke zu sich genommen werden (wie soll man auch sonst einen Großteil der Veranstaltungen ertragen) ist für einen pubertierenden Jungen durchaus von einigem Interesse. Und es ist sicher auch nicht so, als würde vor allem der Straßenkarneval (-fasnet, -fasching) nicht doch auch wirklich eine lustige Angelegenheit sein.
Dieses Jahr ist mir durch die nebenhöhlenentzündungsbedingte Auszeit am Faschingswochenende und durch das immer noch nicht vorhandene Internet (übrigens der Grund für das zweite Ausfallen dieser noch nicht allzu traditionellen Textreihe) und durch das damit erzwungene Mehr an Radiohören bewusst geworden, dass diese Zeit auch, wenn nicht vor allem eine Zeit der schlechten Musik ist! Einer Zeit – in dieser Hinsicht zum höchsten Glück sehr kurzen – , in der dreimal (!!), vom Intendanten hoffentlich nicht ungestraft gelassen, „Hol das Lasso raus“ auf einem öffentlich-rechtlichen Sender läuft (und ich höre kein SWR4), kann ich einfach immer weniger abgewinnen!

Nun also der zweite Text am vierten Mittwoch. Immerhin. Es hätte auch schon nach dem ersten einfach sang- und klanglos im Sand verlaufen können.




P.S.: Hängt bitte endlich die Werbeplakate für das Filmspektakel des Jahres ab: „Die Rache der Wanderhuren“! Die drei Mal, in denen ich bei deren Anblick einfach nur lachen musste, sind inzwischen lange vorbei!

Mittwoch, 8. Februar 2012

Mittwochstexte

Den guten Vorsatz, dass ich mehr für meinen Blog schreibe, habe ich in der Nacht zum neuen Jahr schon gar nicht mehr gefasst. Trotzdem denke ich neben allen Terminen immer wieder daran. Und es kann dann schon mal vorkommen, dass ich durch die Posts der letzten fünf Jahre scrolle und überrascht bei dem ein oder anderen Eintrag hängen bleibe.

Nun also ein weiterer Versuch der Reanimation. Und zwar – Obacht – derer nachhaltigen!!
Dazu habe ich mir Folgendes überlegt: Jeden Mittwoch werde ich auf der morgendlichen Fahrt vom Hauptbahnhof Stuttgart nach Schorndorf einen Text schreiben und ihn, wenn möglich, direkt nach der Ankunft bloggen (durch unvorhergesehene Massen-Kopie-Aktionen kann sich das in Einzelfällen auf die Mittagspause verschieben).

Die Fahrt dauert ca. 23 Minuten. Nichts darf danach hinzugefügt werden, nicht geändert werden.

Warum ausgerechnet der Mittwoch? Nun, erstens ein ganz pragmatischer Grund: An diesem Tag habe ich keine Zugbegleitung meines geschätzten Kollegen Hermann. Zeitens finde ich die Regeln doch ziemlich reizvoll. Es entsteht ein gewisser Druck, auch wirklich etwas zu schreiben. Ohne diese vollmündige Ankündigung, wäre es wohl niemandem aufgefallen, ich hätte zwei Wochen an einem Tag etwas geschrieben und dann ziemlich wahrscheinlich wieder damit aufgehört.

Der Mittwoch ist an sich auch ein oft vernachlässigter Tag! Wogegen der Montag immerhin durch das millionenfache „Oh nein, schon wieder Montag“ (und das oft schon am Sonntag) in vieler Munde ist und der Donnerstag bei vielen schon der langsame Einstieg in das bevorstehende Wochenende bedeutet, fristet der Mittwoch ein eher tristet Dasein zwischen den Welten respektive Wochenenden (ganz so verzweifelt bin allerdings auch ich nicht, dass ich an dem Außenseiter der Wochentage schlechthin, dem Dienstag, schreibe).

Da es sich dem Namen nach um die Mitte der Woche handelt, noch ein paar Gedanken zur Mitte an sich. Was ich nächste Woche definitiv nicht mehr machen werde, ist, in der Zugmitte einzusteigen! Viel zu viel los für diese Uhrzeit. Da werde ich doch die bisherige Angewohnheit, ganz vorne meinen Platz einzunehmen, beibehalten. Man nennt die Mitte oft golden. Die Parteien wollen Wahlen – wenigstens in den Nullerjahren – in der Mitte gewinnen. In der Mitte mancher Menschen ist man gut aufgehoben. Die Mitte kann aber auch langweilig sein, z.B. in der Bundesliga, in der die Mitte der Tabelle oft als Niemandsland bezeichnet wird. In der Mitte kann man es sich auch allzu bequem machen, immer die Meinung annehmen, die gerade vom Rand sich nach innen bewegt.

Wie auch immer. Ich bin selber gespannt, ob und wie lange ich diese selbst auferlegten Regeln durchhalten werde. Und welche Texte dabei entstehen werden.