Gedanken, Kommentare, Meinungen zu Aktuellem & Vergangenem oder einfach nur etwas, was wert sein könnte von aller Welt gelesen werden zu können.

Mittwoch, 31. Dezember 2014

Einer geht noch

Schön ist, wenn man am Silvesterabend immer noch den guten Vorsatz des letzten Jahreswechsels erfüllen kann. Der da beständig heißt mehr zu schreiben. Klappt super! 2013 waren es acht Beiträge, dieses ist der neunte.

Um diesen aber nun auch noch mit Inhalt zu füllen (verrückt, ich weiß), gibt es eben doch einen kleinen Rückblick auf Fußball und Musik.

Ich vermute, dass dieses Jahr dasjenige ist, in dem ich die meisten Konzerte besucht habe. Ich muss wirklich sagen, dass die Leute, die ich in dem Zusammenhang kennengelernt habe und die noch viel, viel öfter auf Konzerten anzutreffen sind, einen sehr feinen Kreis an Musikbegeisterten bilden. Alle Konzerte und Alben aufzuzählen ist mir dann aber doch zu müßig, ich hab dafür mal was vorbereitet: Eine kleine, nicht vollständige Zusammenstellung.

Trotz der momentanen Pause bis Ende Februar mit Hawelka, war dies ein großartiges Band-Jahr. Nicht zuletzt wegen des ersten kompletten Studio-Albums, das wir letztes Jahr aufgenommen und dieses Jahr präsentiert haben. Es ist einfach schön zu merken, dass da immer noch ein klein wenig Luft nach oben ist und es immer noch weitere Menschen gibt, die Vor allem aber die zahlreichen Gigs mit den zahlreichen Bands und den zahlreichen Musikern und Leuten, die wir dabei einmal oder immer wieder getroffen haben. Die nächsten Konzerte sind fix, es kann weitergehen!

Und dann ist da noch der Fußball. Wie oft bin ich dieses Jahr angesprochen worden. Wieviel Sprüche, Sticheleien und angeleierte Diskussionen. "Und was sagst Du jetzt zum VfB?" Was ich sage? Beschissen ist es! Ich habe keine Lust mehr auf dieses größtenteils dilettantische, müde und uninspirierte Gekicke. Ich habe keine Lust mehr auf Ausflüchte, Versprechungen und den nächsten Sündenbock, der dankbar vorgeschoben wird. Ich habe keine Lust mehr auf Diskussionen, die damit enden, dass der Diskussionspartner lakonisch mir den Satz hinwirft: Naja, ich bin ja da zum Glück nicht so fanatisch. Ich habe keine Lust auf Pseudo-Kickers-Sympathisanten, die normalerweise zweimal in der Saison auf die Waldau kraxeln ("des isch halt no irgendwie echter"), diese Saison es irgendwie doch noch nicht nach Reutlingen geschafft haben und sich schon auf ein Derby freuen.
Aber ich habe große Lust weiter jeden Samstag in der Kurve zu stehen und die Leute zu treffen, mit denen ich das nun schon seit ca. 17 Jahren erlebe. Ich habe große Lust darauf, bei jedem Spiel wieder zu hoffen, zu fluchen, zu verzweifeln, zu singen oder doch mal zu jubeln.

So long, 2014

Dienstag, 23. Dezember 2014

Alles muss raus

Ein irgendwie seltsames Jahresende ist das.
Während ich mich nicht über die ersten Krokusse wundern würde beim Gang durch die vorweihnachtlich-hektische Stadt, drückt das Schicksal noch mal richtig schön auf die Tränendrüse, indem es zwei großartige Musiker endgültig von der Bühne holt. Die Menschen überbieten sich in hashtag-tauglichen Abkürzungen, um eine von Moral aufgeblasene Social-Media-Schlacht zu schlagen, die von einer sinnvollen Diskussion soweit entfernt ist, wie die weltweiten Krisenregionen von unserem krisengenervten Wunsch nach ruhigen, besinnlichen Tagen. Dieser Wunsch wird dann wie üblich spätestens am 26. abgelöst von dem Vorhaben, nächstes Jahr an den Feiertagen endlich mal mehr Zeit für sich zu nehmen und nicht dem Rest der Familie zuzuhören, wie schrecklich stressig doch die letzten Wochen waren - so viele Weihnachtsfeiern!
Dazu die Flut von Jahreslisten: Beste Konzerte, beste Platten, beste Bücher, beste Filme, beste Sportmomente, beste Nachrufe, bester Die-Band-kennt-sonst-niemand-aber-ich-hab-die-handgeklöppelte-7-inch-Single-Geheimtipp.

Und zwischendrin gab es gestern diese Stunde wunderbarer Musik von Dominik Gerwald, auf dessen Album und weitere Konzerte man sich getrost ordentlich freuen kann. Wenn ich meine persönliche Bemessungs-Skala anlege, sprich Anzahl der Gänsehaut-Momente, war dieses Konzert gestern ganz vorne mit dabei. Das muss auf jeden Fall auf meine Jahresliste der besten Konzerte!

Montag, 22. Dezember 2014

Und immer, immer wieder geht die Sonne auf

Nun musste man in den Redaktionsstuben im Ordner "Nachrufe" also unter "J" nachschauen. 80 ist ein respektables Alter, aber doch hatte man Ende 2014 wahrscheinlich eher andere Kandidaten auf dem Schirm, z.B. den einen oder anderen Altkanzler.
Nun aber Udo Jürgens, dem man noch im Herbst dieses Jahres zu seinem 80. Geburtstag huldigte und die ganzen Komplimente wie "Schlagerstar mit Anspruch", "ein Leben für die Musik" und "Gesellschaftskritik in Anzug und Fliege" sind seither kaum verklungen.

Meine erste Berührung mit Udo Jürgens hatte ich, ohne es zu wissen. Ende der 80er, heimisches Wohnzimmer, 3. Programm am Vorabend. Ich war versessen auf eine ganz bestimmte Zeichentrickserie: Es war einmal...der Mensch. Mich faszinierte dieser kindliche Ernst, mit dem in 26 Folgen (wobei auch diese Einteilung mir damals nicht bewusste war) chronologisch die Menschheitsgeschichte dargelegt wurde. Der Genuss war allerdings nur perfekt, wenn ich pünktlich zu den ersten Klavierklängen des Intros auf dem Sofa Platz nahm. Diese melancholische Ton-und Akkordfolge bannt mich bis heute. Es gibt eine Live-Version, versteckt in einem 80er-Jahre-Live-Mitschnitt, bei dem ab Minute 4:50 dieses Lied mit einem großartigen Instrumental-Zwischenteil zu sehen ist.

Überhaupt die Musik: Es muss 1998 gewesen sein, als ich Udo Jürgens zum ersten Mal live erlebt habe, beim Landespresseball in der Liederhalle. Wir hatten über die Tanzschule Karten bekommen und Udo Jürgens war der Showact an diesem Abend. Nun gut, man kannte ihn und seine Hits auch schon im Alter von 17 Jahren und war auf eine Art Schlager-Revue gespannt, die mehr oder weniger engagiert vorgetragen würde - Lieder und Texte kennt jeder, bisschen Trällern, sichere Angelegenheit. Dass es aber ein solch energiegeladener Auftritt wurde, überraschte dann bei solch einem Anlass doch. Und zum ersten Mal faszinierte mich vor allem diese Band - auf den Punkt, teils funkig, mit großartiger Bläser-Reihe war sie ein unglaublich homogener Klangkörper mit tollen Einzelmusikern.

Einem späteren Mitglied dieser Pepe-Lienhard-Band hatte ich es dann zu verdanken, Jahre später einem Konzert in der Schleyer-Halle beizuwohnen. Das Besondere war: Mit Beiwohnen des Soundchecks und Backstage mit der Band. Also hatten wir in den ersten Stuhlreiehn Platz genommen und erwarteten gespannt, wie dieser Soundcheck wohl ablaufen würde. Die Musiker spielten sich noch etwas warm, dann - Auftritt Udo. Erst ein, zwei Sätze zum gestrigen Konzert, bei dem eine besondere Stelle etwas hakte, die dann zwei- oder dreimal angespielt wurde. Musikalisch war also alles klar, doch dann störte ihn eine Vorrichtung an seinem Flügel (wohl eine kleine Kamera), die für ihn nicht optimal angebracht war. Das Bild eines Perfektionisten, der nichts dem Zufall überließ, wurde offensichtlich. Die Band, eine Ansammlung von locker aufgelegten Leuten, die backstage einen kleinen Einblick in den doch nicht ganz so glamourösen Ablauf einer solchen Tour gaben.


Ich gehe zum CD-Regal: "Live-CD '97", CD 1, Track 7 - "Weißt Du, wieviel Sterne stehen..."

Montag, 1. Dezember 2014

Fanmeilen-Indie

Ja, ja, das Suffix "Indie" ist verbraucht und "Indie" an sich auch irgendwie wie ein alter Schulfreund, dem man seit Jahren wieder begegnet und man nicht so richtig weiß, wie die Konversation nach der Klärung der Fragen "Wie geht's so" und "Was machst Du so" weiter aufrechtzuerhalten ist. Eine interessante Zustandsbeschreibung hat mein Band-Kumpane bei einem Konzertbericht über die Klaxons, eine seiner Indie-Helden der Nullerjahre, gegeben.

Indie hat sich auf eine kaum mehr zu überblickende Weise in viele Einzelteile aufgespalten. Eines dieser Teile ist der von "I Heart Sharks" am vergangenen Donnerstag auf die Bühne des Club Schocken gebrachter "Fanmeilen-Indie". Man könnte auch weniger gemein von "Festival-Indie" sprechen. Gar nicht gemein gemeint ist die Feststellung, dass "I Heart Sharks" im Prinzip am Puls der Zeit sind. Nur ist dieser spezielle Puls in meinen Ohren schlicht und ergreifend monoton und hat mich an diesem Abend aus der vierten Reihe zurück in die letzte getrieben, von wo aus ich in sehr angenehmer Gesellschaft dem restlichen Konzert mehr oder weniger aufmerksam weiterlauschte.

Der Vorwurf der Monotonie liegt erstens darin begründet, dass diese eigentlich nach vorne gehende Musik keinen aufhörenden, geplanten kleinen Bruch beinhaltete. Die Songs wirkten alle doch sehr gleich: Ein 4/4-Beat, breiige Synthie-Klänge und eine in den immer gleichen Höhen tönende E-Gitarre. Nichts gegen diese einzelne Komponenten, aber aus dieser immer gleich klingenden Zusammenstellung ergab sich die erwähnte Monotonie. Und zweitens ergab sich daraus ein Sound, der vielleicht in einer größeren Halle oder - wahrscheinlich noch besser - auf einem Festival besser zu Geltung kommt, als im kleinen Schocken.
Als dann das Publikum im Laufe des Konzerts zweimal dazu aufgefordert wurde in die Hocke zu gehen, um auf ein Zeichen des Sängers in die Höhe zu springen, um dann aber richtig abzugehen, konnte ich an der Assoziation "Fanmeile" nicht mehr vorbei. Zusammengenommen ist das sicherlich ganz nett und tut keinem weh, wollte bei mir aber weder zünden, noch sich ins musikalische Gedächtnis brennen.