Gedanken, Kommentare, Meinungen zu Aktuellem & Vergangenem oder einfach nur etwas, was wert sein könnte von aller Welt gelesen werden zu können.

Montag, 26. Juli 2010

Eva Hermanns Theorien

Ein "Blogeintrag Eva Hermanns" ist zu einem Vergleich der Loveparade mit Sodom und Gomorrha mit katastrophalen Folgen geworden: Mindestens vier haarsträubende Thesen und über 50 verwirrende Zeilen. Interessanter Einwurf mit überlegenswerten Gedanken? Wer Eva Hermann kennt und wer ihren Aussagen über mehrere Jahre gefolgt ist, kommt zu einer etwas differenzierten Meinung.

Stolz präsentiert Eva Hermann das erste Zitat, das wohl ihre These, die Veranstaltung sei eine "riesige Drogen-, Alkohol- und Sexorgie" unterstützen soll und dass es sich bei der Loveparade nicht um eine Kulturveranstaltung handele. Das Zitat ist: '»Die maximale Tongesamtleistung auf dem Gelände beträgt 750 000 Watt. Es handelt sich um eins der größten Beschallungssysteme, das je in Europa zum Einsatz kam.«' Die Aussage der Orgie bekräftigt Hermann in den zwei folgenden Absätzen, indem sie Bilder der Fernsehübertragungen oder der dpa (wie sie vier davon für ihren Beitrag verwendet) als Argumente heranzieht, bei deren Anblick man glaube, man sei "in der Verfilmung der letzten Tage gelandet [...] wie sie in der Bibel beschrieben werden".
Die weitere These, dass es sich nicht um eine Kulturveranstaltung handele, ist eine höchst subjektive und relative - Hermann unterstreicht sie mit ihrer Meinung, dass "das ohrenbetäubende, stereotype Rave-Gehämmere [...] nicht mehr im Geringsten etwas mit dem einstmaligen Begriff von Musik zu tun" habe.
Begriffe wie Stichhaltigkeit oder Konservatismus haben sich hier in ihre Bestandteile aufgelöst.
Nachdem die Tendenz dieses Beitrags deutlich wird, spricht die Autorin gebetsmühlenartig von "riesige[n] dunkle[n] Wolken der Enthemmung und Entfesselung", von Trieben, die im Gegensatz zur Liebe stünden. Sie wirkt dabei manchmal so, als habe sie "jegliche Selbstkontrolle abgegeben, ekstatisch und wie im Sog [folgt] sie dem finsteren Meister der sichtbaren Verführung".
Dieser Meister muss wohl derjenige sein, der einen dazu verführt, Einzelbeispiele auf die Allgemeinheit zu übertragen und so zu schreiben, dass es den Eindruck erweckt, selbst dabei gewesen zu sein! Die abstruseste und schamloseste These folgt nämlich, indem Hermann tatsächlich behauptet, "eine Menge Aggressionspotential" und die sich entladende Wut, die entstanden sei, als die Polizei die Menschen am Tunnel vorbeileiten wollte, sei Ursache des Unglücks.

"Denn die Partygäste wollten sich eben nicht umleiten lassen, sondern sie wollten direkt und schnell Party machen, waren sie doch extra hergekommen, um so richtig die Sau raus zu lassen. Die Polizei und die Sicherheitskräfte, die ihr Bestes tun, werden von den Vollgedröhnten bepöbelt, beleidigt und angegriffen."

"Anstand" - nicht oft wurde ein Begriff so verunglimpft als bei diesem Beitrag. Man muss sich kopschüttelnd fragen, welches Verständnis von "Anstand" Eva Hermann durch solche und bedauerlicherweise selbstverständlich gewordenen Verallgemeinerungen und "Falschbezeichnungen" verbreitet.
Die abstrusen Auswüchse dieses pseudo-christlichen, übersteigerten Neo-Konservatismus sind definitiv auf das Versagen der Achtundsechziger zurückzuführen, denen es scheinbar nicht gelungen ist, ihre prinzipielle Bejahung einer liberalen, toleranten und offenen Gesellschaft in all deren Schichten hineinzutragen.

Zum Ende noch das allerletzte Zitat:

"Eventuell haben hier ja auch ganz andere Mächte mit eingegriffen, um dem schamlosen Treiben endlich ein Ende zu setzen."

Ich weiß nicht, welche anderen Mächte am Werk sein müssen, um solch einen Artikel zu schreiben. Ich denke aber, dass dies gar nicht der Fall ist. Es scheint einfach die Meinung und das Weltbild Eva Hermanns zu sein, das wohl doch leider auf einige Zustimmung treffen muss.

Samstag, 10. Juli 2010

WM II

Irgendwie hielt sich mein Bedürfnis über diese WM zu schreiben merklich in Grenzen. Der zweite Beitrag beinhaltet nun schon das Fazit dieser vier Wochen. Warum hatte ich erstens kein stärkeres Bedürfnis mehr über dieses Turnier zu schreiben, und warum ziehe ich schon jetzt ein Fazit, obwohl doch noch zwei Spiele ausgetragen werden?
Nun, zweiteres ist leicht zu beantworten: Ich habe einfach keine große Lust, mir diese beiden Spiele anzuschauen! Für diese Haltung habe ich schon einiges Kopfschütteln zu sehen bekommen. Wie kann das sein? Du schaust das Spiel um Platz 3 eventuell nicht an? Ich dachte, Du bist so ein großer Fußballfan!
Genau aufgrund solchen Kommentaren bin ich froh, dass das Turnier am Sonntag zu Ende ist! Ich habe keine Lust mehr zu erklären, warum ich beim Halbfinale Urugay vs. Niederlande nicht ekstatisch vor dem Fernseher sitze! Ich kann es nicht erklären bzw. ich kann es schon erklären, es kann aber nicht jeder verstehen (und das meine ich jetzt nicht böse...ich verstehe, dass viele dies nicht verstehen können).
Ich schaue mir z.B. auch fast nie Europapokalspiele ohne VfB-Beteiligung an, aus dem gleichen Grund: Ich bin emotional an kein Team gebunden! Und DAS ist meiner Meinung nach der Hauptgrund für die Popularität dieses Sports: die völlige emotionale Bindung an EINES der beiden Teams (ein zweiter gewichtiger Grund ist natürlich die Einfachheit des Spiels: man braucht einen x-beliebigen Gegenstand [z.B. einen Tetrapack], den man einigermaßen durch die Gegend kicken kann und mind. zwei weitere Gegenstände [z.B. zwei Pullis], die man als Tormarkierung benutzt...schon kann es losgehen).
Aus der Tatsache der emotionalen Bindung heraus, lässt sich mein Verhalten während eines solchen Turniers, das manche als Zurückhaltung empfinden, ganz gut erklären:

Ich bin mit ca. 7 Jahren das erste Mal von meinem Vater mit zu einem Spiel des VfB genommen worden. Seitdem habe ich unzählige weitere besucht. Ich habe Siege gesehen und Niederlagen erlebt. Wenn das erste Auswärtsspiel mit 12 Jahren bei Bayern München mit 3-5 verloren geht oder man mit 14 desaströse 0-5-Klatschen in Dortmund miterlebt, bindet das einen an diesen Verein ungemein. Vor allem, wenn man in diesem Alter an sich nicht mit dem größten Selbstbewusstsein ausgestattet ist! Es interessiert im Stadion niemanden, wer man in der Schule und in der Klasse ist; welche Note man am Freitag zurückbekommen hat und dass das Mädchen der Parallelklasse, auf das man seit Wochen ein Auge geworfen hat, einen beständig ignoriert. Stattdessen legt man die Verantwortung seines kurzzeitigen Befindens in die Hände von 11 Fußballern und wartet, was nach 90 Minuten dabei herauskommt.
Mit den Jahren entstehen dazu noch Freundschaften, die genau durch diesen Prozess geprägt sind. Jeder von uns hat diese emotionale Bindung über Jahre alleine, oder meistens zusammen mit dem Vater, aufgebaut. Nun lernt man Leute kennen, die genauso emotional an diesen verein gebunden sind, wie man selbst und erlebt fortan gemeinsam Niederlagen, Siege und Geschichten von Fahrten, die man noch in 40 Jahren gerne und immer wieder mit Genuss erzählen wird.
Diese emotionale Bindung besteht bei mir zur deutschen Nationalmannschaft nicht. Es besteht eine - ich habe seit 1990 jedes große Turnier mit Freude, Interesse und großer Spannung verfolgt:
1990 war mein absoluter Lieblingsspieler Jürgen Klinsmann ein Star des Turniers und ich durfte beim Halbfinale gegen England das erste Mal bis nach 22 Uhr aufbleiben.
1992 kann ich mich noch an das bittere Finale gegen Dänemark erinnern, das ich mit meinen Eltern und einem Schulfreund gespannt vor dem Fernseher verfolgte.
1994 musste ich in einem schwedischen Hotelzimmer zusammen mit meinem Vater zusehen, wie das hochgehandelte Team (wieder mit Klinsmann und Völler) im Viertelfinale gegen Bulgarien ausschied.
1996 der EM-Sieg, bei dem ich mich wirklich noch bewusst an alle Spiele erinnere!
1998 das bittere Aus gegen Kroatien und der noch bitterere Überfall auf Daniel Nivel.
2000 das sportlich wohl schrecklichste Turnier aller Zeiten (und das erste Mal eine Leinwand auf dem Stuttgarter Marktplatz)
2002 das Turnier, das blöderweise genau zur ABI-Zeit in Japan & Südkorea stattfinden musste, sodass die Spiele vormittags und mittags waren. Bemerkenswert: Ein Spiel fand eährend der Aufbau- und Vorbereitungsarbeiten zum Abi-Ball statt. Eine Hälfte (im Prinzip alle Jungs) schauten im Foyer auf einem mitgebracheten Fernseher das Spiel...fast alle Mädels meckerten und bauten auf. Heute würden ALLE das Spiel schauen!
Auch das erste Turnier, bei dem man nach dem Halbfinalsieg auf die Theo-Heuss ging (war ziemlich spannedn, da noch niemand, auch die Polizei nichz, darauf eingestellt war).
2004 dann eine unbedeutende EM,
und 2006 der Auslöser für den heute gewohnten Standard-Turnier-Hype.

Aber trotz all dieser Erlebnisse und Verbindungen zu den Turnieren, ist die emotionale Bindung eben bei Weitem nicht so stark, wie zum Verein. Eben weil die oben aufgezählten Gründe fehlen.
natürlich ist das Verhältnis zum Verein heute auch ein etwas rationaleres als mit 10 Jahren. Es fließen nach einer Auswärtsniederlage keine Tränen mehr. Aber dieses faszinierende Gefühl ist immer noch da:
Wenn Du auf der Fahrt freitagabends in den Ruhrpott bangst, dass doch bitte kein
Feierabendstau mehr dazwischenkommen möge!

Wenn Du mit Freunden die beste und günstigste Möglichkeit erkundest, zu einem Europapokalspiel zu kommen und du dich Tage vorher auf diese Reise freust!

Wenn Du durch Glasgow läufst und anerkennde Worte von heimischen Fans hörst, dass Du diesen Weg auf dich genommen hast.

Das Gefühl kurz vor einem entscheidenden Spiel, wenn Du die Treppen zum Block hochgehst, das Stadioninnere siehst, die Gesänge hörst und nicht weißt, was die nächsten zwei Stunden bringen werden.

Das alles hatte ich vergangenen Mittwoch nicht. Ich habe mitgefiebert, gehadert und mich geärgert. Aber das war es dann.


Was bleibt von diesem Turnier in Südafrika?
Der Zweifel, was von diesem Turnier für die Menschen in ddiesem Land bleibt! Oder ob nur die Herren der FIFA profitieren werden. Was geschieht mit den Stadien, die von den Reportern so gelobt werden, zu denen man aber selten die Information erhielt, dass die Häuser vieler Menschen zwangsgeräumt wurden?
Die Gewissheit, dass bei vielen das Verständnis für andere Kulturen (Formen zur Unterstützung von Mannschaften) aufzuhören scheint, wenn das eigene Fernseherlebnis und das Geräuscherlebnis des Chips-Knackens beeinrächtigt ist - Stichwort Vuvuzelas.
Die Frage, ob bei einigen wirklich der Sport im Mittelpunkt steht?
Die Gewissheit, dass es dies nicht tut, wenn ich die ganzen Kommentare zu dieser bescheuerten Krake lese!
Die wirkliche Freude über drei wunderbare Fußballspiele der deutschen Mannschaft, die einfach ein Genuss waren!!
Ein ansonsten relativ ereignisarmes Turnier, das irgendwie vor sich hin plätscherte.
Die Gewissheit, dass ich mit dem Thema Fußball die nächsten 23 Monate wieder viele Leute nerven werde...völlig unverständlicherweise! :-)

Samstag, 3. Juli 2010

An der Leine

Nein, es geht nicht um Hannover. So frustriert suche ich noch nicht nach Themen, über die ich schreiben könnte!
Es geht um ein Phänomen, das ich bis jetzt nur in England beobachtet habe, und dort bei mir schon unverständliches Kopfschütteln hervorgerufen hat: Kinder an der Leine! Es gibt dafür bestimmt einen positiv besetzteren Fachausdruck, wie sich diese Vorrichtung eigentlich nennt, doch im Prinzip ist es nichts Anderes!
Gestern habe ich das nun zum ersten Mal in Stuttgart sehen müssen: Eine Mutter, die ihr ca. 3 oder 4 Jahre altes Kind an einem etwas dehnbaren, um den Oberkörper des Kindes befestigten Halterung festhob. Warum macht man das? Wie kann man auf die Idee kommen, sein Kind an die Leine zu nehmen? Jegliches Argument, das ich mir von solch einem Elternteil vorstellen könnte, ist für mich absolut nicht einsehbar (z.B. dass das Kind nicht auf die Straße rennt oder so ähnlich). Nichts in diese Richtung liese sich nicht ganz einfach damit erreichen, sein Kind einfach mal an die Hand zu nehmen...ist das so schwer? Also mit dreht es beim Anblick eines solchen Kindes den Magen um!
Wenn ich solch ein Elternteil darauf ansprechen würde (was ich mir auf jeden Fall vornehme), kommt bestimmt als Antwort: "Ach, der kleine Jean-Paul ist einfach manchmal etwas lebendig...aber keine Angst, der will nur spielen!"

Freitag, 2. Juli 2010

Sommer 2010

Wochenlang wurde er herbeigesehnt, nun ist er unwiderruflich da: der Sommer 2010. Ich finde, dass an keine andere Jahreszeit solch hohe Erwartungen gestellt werden, und das Jahr für Jahr, und eben nicht nur bezüglich des Wetters im Allgemeinen und der Temperaturen im Besonderen.
Mir geht es da nicht anders. Jeder Sommer sollte irgendwie einzigartig sein. Was die eh nicht beeinflussbare Frage des Wetters angeht, trifft das vielleicht noch gar nicht einmal im besonderen Maße zu. Auch der Frühling sollte leicht, frisch duftend und sonnig sein. Der Herbst dagegen sollte möglichst mit einem Rest der Sommerwärme, gepaart mit einer leicht melancholisch geprägten Naturvergänglichkeit aufwarten.
Aber davon abgesehen erwarte ich vom Sommer einmalige, besondere und wunderbare Momente, Augenblicke und Ereignisse! Am besten sollte er so sein, dass ich in einigen Jahren, an einem nasskühlen Oktobernachmittag, rückblickend sagen kann: Hmm, der Sommer 2010...der war schon einmalig! Einmalig war natürlich auch der Sommer 2009 und werden selbstverständlich auch die Sommer der Jahre 2011 bis 2016 sein, versteht sch von selbst. Doch das soll mich jetzt nicht kümmern...was zählt, ist dieser Sommer!
Und ich muss dem Sommer dieses Jahres, der seit einigen Tagen doch sehr bequem über der Stadt liegt, ein Kompliment machen: Er legt die Messlatte für die kommenden doch schon ziemlich hoch.
Zu meinem persönlichen Sommersound, der mich auf "diese", "diese" oder "jene" Art und Weise durch das Flimmern der Stadt begleitet, haben sich bis heute schon einige wirklich besondere und wunderbare Momente ereignet, an die ich, liege ich einmal mehr wieder wegen der sich angestauten Hitze nicht einschlafen könnend wach auf meinem Bett, jetzt schon gerne zurückschaue und einfach nur froh und glücklich bin, sie erlebt zu haben!

Also in diesem Sinne: Respekt, Sommer 2010!

Donnerstag, 1. Juli 2010

Sprachlosigkeit

Es ist schon der Tag nach der 14. Bundesversammlung und der Wahl zum Bundespräsidenten mehr als angebrochen. Gerade habe ich mir nochmals die Zusammenfassung der Ergebnisbekanntgaben der einzelnen Wahlgänge angeschaut und ich muss sagen, dass ich ein deutlich stärkeres Gefühl als das der Sprachlosigkeit empfinde. Es ist regelrechte Wut und Enttäuschung. Enttäuschung darüber, dass eine auf mich so beeindruckend wirkende Person wie Joachim Gauck nicht zum Bundespräsident gewählt wurde. Wut über die Art und Weise. Ich kann und will auch gar nichts persönliches über Christian Wulff sagen - aber im Ernst: Für ein solches Amt, das zum Großteil durch die Persönlichkeit des Amtsinhabers und dessen Fähigkeit in Reden deutliche, einprägsame und zum Nachdenken anregende Worte zu finden, kann es in der Frage Wulff oder Gauck aus meiner Sicht gar keinen Zweifel geben!
Ich habe mir "ein Interview" aus der Zeit vor seiner Kandidatur sowie "seine Rede" kürzlich im Berliner Theater angesehen und bin von ihm als Redner, aber auch von vielen Aussagen wirklich beeindruckt gewesen.
Und nun muss ich mir ansehen, wie ein inhaltlich blass wirkender Christian Wulff, der von einer angeschlagenen Bundeskanzlerin in das Rennen geschickt wurde, indirekt unterstützt durch DIE LINKE, als Bundespräsident durchgedrückt wird. Diese Feigheit der Linkspartei, dieses abgekartete Spiel, diese selbstgefälligen Gesichter auf Regierungsseite, die sicher ganz genau wissen, dass sie bei vielen heute den allerletzten Kritik verspielt haben. Vielleicht wissen sie es auch nicht - ich weiß jedenfalls nicht, was schlimmer wäre!

Jedenfalls hoffe ich, dass Joachim Gauck in Zukunft noch einige Male seine Stimme für die Freiheit und die Demokratie erheben wird!
Es wäre ein Gewinn und eine Freude!!