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Samstag, 10. Juli 2010

WM II

Irgendwie hielt sich mein Bedürfnis über diese WM zu schreiben merklich in Grenzen. Der zweite Beitrag beinhaltet nun schon das Fazit dieser vier Wochen. Warum hatte ich erstens kein stärkeres Bedürfnis mehr über dieses Turnier zu schreiben, und warum ziehe ich schon jetzt ein Fazit, obwohl doch noch zwei Spiele ausgetragen werden?
Nun, zweiteres ist leicht zu beantworten: Ich habe einfach keine große Lust, mir diese beiden Spiele anzuschauen! Für diese Haltung habe ich schon einiges Kopfschütteln zu sehen bekommen. Wie kann das sein? Du schaust das Spiel um Platz 3 eventuell nicht an? Ich dachte, Du bist so ein großer Fußballfan!
Genau aufgrund solchen Kommentaren bin ich froh, dass das Turnier am Sonntag zu Ende ist! Ich habe keine Lust mehr zu erklären, warum ich beim Halbfinale Urugay vs. Niederlande nicht ekstatisch vor dem Fernseher sitze! Ich kann es nicht erklären bzw. ich kann es schon erklären, es kann aber nicht jeder verstehen (und das meine ich jetzt nicht böse...ich verstehe, dass viele dies nicht verstehen können).
Ich schaue mir z.B. auch fast nie Europapokalspiele ohne VfB-Beteiligung an, aus dem gleichen Grund: Ich bin emotional an kein Team gebunden! Und DAS ist meiner Meinung nach der Hauptgrund für die Popularität dieses Sports: die völlige emotionale Bindung an EINES der beiden Teams (ein zweiter gewichtiger Grund ist natürlich die Einfachheit des Spiels: man braucht einen x-beliebigen Gegenstand [z.B. einen Tetrapack], den man einigermaßen durch die Gegend kicken kann und mind. zwei weitere Gegenstände [z.B. zwei Pullis], die man als Tormarkierung benutzt...schon kann es losgehen).
Aus der Tatsache der emotionalen Bindung heraus, lässt sich mein Verhalten während eines solchen Turniers, das manche als Zurückhaltung empfinden, ganz gut erklären:

Ich bin mit ca. 7 Jahren das erste Mal von meinem Vater mit zu einem Spiel des VfB genommen worden. Seitdem habe ich unzählige weitere besucht. Ich habe Siege gesehen und Niederlagen erlebt. Wenn das erste Auswärtsspiel mit 12 Jahren bei Bayern München mit 3-5 verloren geht oder man mit 14 desaströse 0-5-Klatschen in Dortmund miterlebt, bindet das einen an diesen Verein ungemein. Vor allem, wenn man in diesem Alter an sich nicht mit dem größten Selbstbewusstsein ausgestattet ist! Es interessiert im Stadion niemanden, wer man in der Schule und in der Klasse ist; welche Note man am Freitag zurückbekommen hat und dass das Mädchen der Parallelklasse, auf das man seit Wochen ein Auge geworfen hat, einen beständig ignoriert. Stattdessen legt man die Verantwortung seines kurzzeitigen Befindens in die Hände von 11 Fußballern und wartet, was nach 90 Minuten dabei herauskommt.
Mit den Jahren entstehen dazu noch Freundschaften, die genau durch diesen Prozess geprägt sind. Jeder von uns hat diese emotionale Bindung über Jahre alleine, oder meistens zusammen mit dem Vater, aufgebaut. Nun lernt man Leute kennen, die genauso emotional an diesen verein gebunden sind, wie man selbst und erlebt fortan gemeinsam Niederlagen, Siege und Geschichten von Fahrten, die man noch in 40 Jahren gerne und immer wieder mit Genuss erzählen wird.
Diese emotionale Bindung besteht bei mir zur deutschen Nationalmannschaft nicht. Es besteht eine - ich habe seit 1990 jedes große Turnier mit Freude, Interesse und großer Spannung verfolgt:
1990 war mein absoluter Lieblingsspieler Jürgen Klinsmann ein Star des Turniers und ich durfte beim Halbfinale gegen England das erste Mal bis nach 22 Uhr aufbleiben.
1992 kann ich mich noch an das bittere Finale gegen Dänemark erinnern, das ich mit meinen Eltern und einem Schulfreund gespannt vor dem Fernseher verfolgte.
1994 musste ich in einem schwedischen Hotelzimmer zusammen mit meinem Vater zusehen, wie das hochgehandelte Team (wieder mit Klinsmann und Völler) im Viertelfinale gegen Bulgarien ausschied.
1996 der EM-Sieg, bei dem ich mich wirklich noch bewusst an alle Spiele erinnere!
1998 das bittere Aus gegen Kroatien und der noch bitterere Überfall auf Daniel Nivel.
2000 das sportlich wohl schrecklichste Turnier aller Zeiten (und das erste Mal eine Leinwand auf dem Stuttgarter Marktplatz)
2002 das Turnier, das blöderweise genau zur ABI-Zeit in Japan & Südkorea stattfinden musste, sodass die Spiele vormittags und mittags waren. Bemerkenswert: Ein Spiel fand eährend der Aufbau- und Vorbereitungsarbeiten zum Abi-Ball statt. Eine Hälfte (im Prinzip alle Jungs) schauten im Foyer auf einem mitgebracheten Fernseher das Spiel...fast alle Mädels meckerten und bauten auf. Heute würden ALLE das Spiel schauen!
Auch das erste Turnier, bei dem man nach dem Halbfinalsieg auf die Theo-Heuss ging (war ziemlich spannedn, da noch niemand, auch die Polizei nichz, darauf eingestellt war).
2004 dann eine unbedeutende EM,
und 2006 der Auslöser für den heute gewohnten Standard-Turnier-Hype.

Aber trotz all dieser Erlebnisse und Verbindungen zu den Turnieren, ist die emotionale Bindung eben bei Weitem nicht so stark, wie zum Verein. Eben weil die oben aufgezählten Gründe fehlen.
natürlich ist das Verhältnis zum Verein heute auch ein etwas rationaleres als mit 10 Jahren. Es fließen nach einer Auswärtsniederlage keine Tränen mehr. Aber dieses faszinierende Gefühl ist immer noch da:
Wenn Du auf der Fahrt freitagabends in den Ruhrpott bangst, dass doch bitte kein
Feierabendstau mehr dazwischenkommen möge!

Wenn Du mit Freunden die beste und günstigste Möglichkeit erkundest, zu einem Europapokalspiel zu kommen und du dich Tage vorher auf diese Reise freust!

Wenn Du durch Glasgow läufst und anerkennde Worte von heimischen Fans hörst, dass Du diesen Weg auf dich genommen hast.

Das Gefühl kurz vor einem entscheidenden Spiel, wenn Du die Treppen zum Block hochgehst, das Stadioninnere siehst, die Gesänge hörst und nicht weißt, was die nächsten zwei Stunden bringen werden.

Das alles hatte ich vergangenen Mittwoch nicht. Ich habe mitgefiebert, gehadert und mich geärgert. Aber das war es dann.


Was bleibt von diesem Turnier in Südafrika?
Der Zweifel, was von diesem Turnier für die Menschen in ddiesem Land bleibt! Oder ob nur die Herren der FIFA profitieren werden. Was geschieht mit den Stadien, die von den Reportern so gelobt werden, zu denen man aber selten die Information erhielt, dass die Häuser vieler Menschen zwangsgeräumt wurden?
Die Gewissheit, dass bei vielen das Verständnis für andere Kulturen (Formen zur Unterstützung von Mannschaften) aufzuhören scheint, wenn das eigene Fernseherlebnis und das Geräuscherlebnis des Chips-Knackens beeinrächtigt ist - Stichwort Vuvuzelas.
Die Frage, ob bei einigen wirklich der Sport im Mittelpunkt steht?
Die Gewissheit, dass es dies nicht tut, wenn ich die ganzen Kommentare zu dieser bescheuerten Krake lese!
Die wirkliche Freude über drei wunderbare Fußballspiele der deutschen Mannschaft, die einfach ein Genuss waren!!
Ein ansonsten relativ ereignisarmes Turnier, das irgendwie vor sich hin plätscherte.
Die Gewissheit, dass ich mit dem Thema Fußball die nächsten 23 Monate wieder viele Leute nerven werde...völlig unverständlicherweise! :-)

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