Gedanken, Kommentare, Meinungen zu Aktuellem & Vergangenem oder einfach nur etwas, was wert sein könnte von aller Welt gelesen werden zu können.

Dienstag, 24. Mai 2011

Ende einer Ära I

Vor zwei Tagen hatte ich sie wieder einmal in der Hand: meine Haribobox, in der ich seit vielen Jahren sämtliche Eintrittskarten für Fußballspiele sammel. Und wieder einmal ging ich diesen Stapel an Erinnerungen durch. Zwar nicht Karte für Karte, aber das wird sicher auch irgendwann wieder passieren. Jedenfalls erinnerte ich mich, dass ich schon vor zwei Wochen etwas über das Ende einer bestimmten Ära schreiben wollte.
Leider sind die Eintrittskarten der ersten Spiele – genauer gesagt aller Spiele zwischen ca. 1988 und 1994 – im Neckarstadion nicht in dieser Box. Ja, „ca. 1988“! Im Gegensatz zu vielen anderen Fans kann ich mich nicht einmal mehr an das genaue Jahr meines ersten Spiels erinnern. Dafür aber an das Gefühl: es war schlicht beeindruckend! Eine für einen ca. 7-jährigen Jungen unvorstellbare Masse an Zuschauern; schimpfende, fluchende Männer; Chaos. Außer, dass ich mich nicht mehr an das Datum oder den Gegner meines ersten Spiels bzw. der ersten Spiele erinnern kann, ist meine Sozialisation mit und durch den Fußball so, wie es bei den Meisten, die in den letzten Jahren zu Freunden geworden sind, gewesen ist: Irgendwann nahm Papa einen mit in diese große, graue Betonschüsssel, in dem etwas geschah, was man in diesem Alter noch nicht wirklich nachvollziehen konnte, aber was eine – eigentlich bis heute – fast unerklärliche Faszination verströmte: Natürlich die schon erwähnte Masse, der Lärm, das Fluchen, das Jubeln. Mit der Zeit wuchs das Verständnis für den Sport: Zunächst für schöne Tore (ein Muss war das „Tor des Monats“), später für die eigene Ästhetik des Spiels. Auch die Identifikation mit dem Verein wuchs beständig und mit jedem Spiel, mit jeder Saison: auch zunächst recht einfach über zwei oder drei Lieblingsspieler (Jürgen Klinsmann, Guido Buchwald, Fritz Walter), später mit dem Verein an sich und allem, was zu ihm gehört.
Doch ein nicht zu unterschätzender Anteil für die stetig wachsende Begeisterung, die sich schließlich nach knapp zehn Jahren in eine von da an jährliche Dauerkarte und tausenden von gefahrenen und geflogenen Kilometern durch die Republik und Europa ausdrückte (ich glaube inzwischen, dass Fußballfans im Schnitt die besten Geographiekenntnisse haben dürften) war die Beziehung zu meinem Vater – und das wird ebenfalls sehr vielen Gleichgesinnten ganz ähnlich ergehen! Fast zehn Jahre besuchte ich jedes Spiel zusammen mit meinem Vater. Fußball war DAS verbindende Thema. Keiner kannte sich so gut aus, wie wir beide. Jede Entwicklung, jedes Spiel wurde sezierend analysiert. Jeder neue Spieler zunächst kritisch beäugt. Zusammen wurde gejubelt und geschimpft. Und auch, wenn nur bei mir die Tränen kullerten – gelitten haben sicher wir beide nach schmerzhaften Niederlagen.
Es war ein Ritual. Mit dem Auto ging es los, natürlich so früh wie möglich! Geparkt wurde irgendwo in der Nähe des Gaskessels, schließlich verbrachte mein Vater einige Jhre seiner Kindheit in der Gegend (wie oft er mir erzählte, dass er mit dem Roller die Wagenburgstraße heruntergefahren sei!). Und allein das machte mich schon stolz: Mein Vater kannte sich in der Nähe des Stadions aus und wusste den ein oder anderen Schleichweg! Der Weg zum Stadion, vorbei am Gaskessel, über die Teststrecke vom Daimler und die Neckarbrücke. Und immer diese freudige Erregung beim ersten Blick auf das Stadion, das sich ab 1992 so oft wandeln sollte. Die Stadionzeitung – ein Muss, um die Nervosität bis zum Spiel wegzublättern. Und natürlich die Blaskapelle, die vor jedem Spiel ihre Runden dreht (im Rückblick vermute ich, mindestens die Hälfte aller Musikvereine Württembergs über die Tartanbahn marschieren gesehen zu haben).

Ab der Saison 97/98 wandelte sich dieses Ritual: Mein Vater bezog seinen Platz auf der Haupttribühne Seite, ich wechselnd in den Stehplatzblöcken der Cannstatter Kurve. In dieser Zeit trafen wir uns nicht bei jedem Spiel – da standen die Freunde im Block zeitweise einfach zu sehr an erster Stelle – es war vielleicht nicht so ganz „cool“ sich im Rahmen des Spiels sich mit seinem Vater zu treffen. Das änderte sich doch relativ schnell wieder, und so entstand bald ein neues Ritual: Immer eine Stunde vor Spielbeginn wurde sich getroffen: Bei Bier und Wurst wieder die aktuelle Lage des Vereins analysiert und in den letzten Jahren auch immer häufiger und intensiver sämtliche anderen wichtigen Themen aus Politik und Gesellschaft.

Mit dem letzten Heimspiel der inzwischen schon wieder zurückliegenden Saison wird für mich diese ganz persönliche Ära zu Ende gehen. Insgesamt ca. 600 km Fahrt sind nun doch etwas zu viel für meinen Vater, um sich die 15. Dauerkarte in Folge zu holen. Vielleicht wird ein neues Ritual entstehen – ein Anruf an den Tegernsee und eine mal kurze, mal lange Analyse des gerade erlebten Spiels, bei dem wieder geflucht, gejubelt und gelitten wurde.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Ankündigung

Eigentlich habe ich wieder einmal gar keine Zeit, einen langen Eintrag zu schreiben, deshalb werde ich das auch seinlassen.
Dies soll eher eine kleine Ankündigung für mindestens zwei etwas längere Einträge werden, die sich beide mit dem Thema "Ende einer Ära" auseinandersetzen werden, um den Druck auf mich zu erhöhen, diese Texte dann auch endlich einmal zu schreiben. Außerdem wäre es sicher spannend, andere spekulieren zu lassen, um was es sich handeln könnte. Bald mehr davon.