Am Sonntagabend war es soweit - der neue Tatort aus Stuttgart betrat zum ersten Mal die Wohnzimmer der Nation. Und als doch einigermaßen lokalpatriotisch veranlagt, war ich natürlich live mit dabei!
Was ich vorher wusste? Nach dem etwas eigenbrödlerischen, kauzigen Herrn Bienzle (am schlimmsten ist eigentlich das Klischee-"le" bei seinem Namen) soll nun ein deutlich jüngeres Team ermitteln. Die Schauspieler? Richie Müller, als Gesicht mir aus dem Fernsehen bekannt, und Felix Klare, ein mir bisher unbekannter Theaterschauspieler. Ein bisschen Unbehagen hatte ich: Es hieß, dass der SWR bewusst ein moderneres Bild von Stuttgart zeigen will. Da ist die Gefahr groß, bemüht hip und cool wirken zu wollen.
Die Gefahr scheint aber gebannt. Auf die Handlung will ich nicht näher eingehen, die kann man einfach "hier" nachlesen. Die Schauspieler sind hervorragend ausgewählt. Auf der einen Seite Richie Müller als Kommissar Lannert, der aus Hamburg kommt, wo er als verdeckter Ermittler arbeitete. Wie und was er ermittelte erfährt der Zuschauer noch nicht. Er scheint jedenfalls fürs Grobe zuständig: Wortkarg, unkonventionell, bei einer Verfolgungsjagd durch die Fußgängerzone rasend. Auf der anderen Seite Felix Klare als sehr junger (31) Kommissar Bootz. Ihn sieht man in einer der ersten Szenen als glücklichen zweifachen Familienvater und erlebt ihn als eher korrekten, ehrgeizigen Beamten. Doch diese in den ersten 45 Minuten vermittelte Rollenverteilung wird in der zweiten Hälfte schon klugerweise demontiert. Als Lannert von einer Frau vorgehalten wird, er wisse doch gar nicht, wie es sei ein Kind zu verlieren, schweigt dieser vielsagend. Zudem sieht man in zwei oder drei Einstellungen, dass er oft eine Bibel bei sich trägt und er betet lange alleine vor dem Grab des ermordeten Mädchens. Bootz erweist sich dagegen am Ende als nicht immer so korrekt, z.B. bei der Szene, als die Beiden sich als schwules Paar ausgeben oder er am Ende seine Prinzipien und die Gesetze kurzzeitig außer Acht lässt.
So entsteht der Eindruck, dass über neue Team noch sehr viel erzählt werden kann. Die Charaktere sind dafür jedenfalls im ersten Fall sehr gut angelegt. Hinzu kommen noch einige Möglichkeiten, welche sich die Autoren durch die Einbindung der Staatsanwältin oder der Kriminaltechnikerin offenlassen.
Die beiden Hauptdarsteller verstehen zudem ihr Handwerk. Klare hat dieses typische hochinteressante und ausdrucksstarke Theatergesicht und ist auf simpathische Weise attraktiv. Müller spielt den verschlossenen Hanseaten mit unklarer Vergangenheit sehr überzeugend.
Der Fall war ebenfalls interessant, stellenweise auch beklemmend. Die Stimmung des Films wandelte sich ebenfalls in der zweiten Hälfte, als die ersten Annäherungsfloskeln vorbei waren, und war weit entfernt von der des typischen Vorabendkrimis. Und entgegen meinen Befürchtungen eines überbetonten coolen Stuttgarts glaube ich, dass die Vorzüge dieser Stadt sinnvoll eingesetzt werden.
Man darf also gespannt sein auf die nächsten Fälle des Stuttgarter Ermittler-Teams Lannert & Bootz.
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Dienstag, 11. März 2008
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1 Kommentar:
die Hamburgerin stimmt dir voll und ganz zu. :)
ich fand den neuen Stuttgarter Tatort auch sehr gut und die Tatortmacher haben ein weiteres Mal bewiesen, dass jede Stadt doch ihr eigenes Gesicht behält... Ich dachte zuerst bei ein weiteres Männer-Zweier-Gespann wie in Köln, Berlin und München wäre nur noch wenig Raum für Individualität, wurde aber eines besseren belehrt...
etwas verwirrend: die beiden Herren blieben bis zum Ende der Sendung beim distanzierten "Sie"... kein legeres "Du" unter Stuttgarter Kommissaren?!?
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