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Sonntag, 21. Oktober 2007

Was ist Musik?

Der argentinische Dirigent Daniel Barenboim:

"Es geht im Grunde um die Frage: Was ist Musik? Ist Musik etwas, das uns hilft, die Welt zu vergessen, oder ist Musik etwas, wodurch wir die Welt verstehen können? Ich meine, es ist beides. Wenn Sie nach einem schrecklichen Tag im Büro samt Telefonat mit Ihrem Steuerberater endlich zu Hause sitzen, ein Glas Whisky trinken und schöne Musik hören, ein Stück, das Sie lieben, und Sie vergessen alles innerhalb von Sekunden: Das ist die Magie des Klanges. Und es ist auch gut so - warum nicht? Aber ich denke, Musik hat auch noch eine andere Seite, wenn man so will eine viel größere Dimension: Die Welt kann lernen von der Musik. Ich meine, die Herren Beethoven und Bach oder heute jemand wie Boulez sind nicht nur Experten in Kontrapunkt, Rhythmus und schönen Tönen. Nein, sie haben eine wichtige inhaltliche Aussage. Deshalb hören Millionen von Menschen ihnen seit Jahrhunderten zu. Das hat mit einem tief menschlichen Inhalt zu tun. Und den muss man sich ganz genau anschauen."

[...]

"[Der Inhalt einer Beethoven-Symphonie] besteht aus Klang. Ein Geräusch, ein physisches Phänomen. Was man gestern in einem Saal gespielt hat, ist heute weg. Es besteht nur weiter in unseren Köpfen, in unseren Gehirnen. Noch mal gefragt: Was ist Musik? Die Beziehung zwischen Klang und Stille. Der Klang ist das Leben, die Stille der Tod. Genau in dieser Wechselwirkung bekommt Musik eine metaphysische Dimension. Musik gibt einem die Möglichkeit, in bestimmter Weise übermenschlich zu sin. Mit dem Klang und dem Übergang in die Stille kann ich sozusagen den Tod überleben."

DIE ZEIT, Nr.43, 18. Oktober 2007, S.17

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