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Dienstag, 9. Juni 2009

Wer die Wahl hat...

Ich bin seit gestern dabei ein Referat zum Thema "DDR-Literatur" vorzubereiten. Das Thema DDR im Allgemeinen begleitet mich im Studium nun seit Oktober 2007, seit ich das interdisziplinäre Seminar "Politik und Literatur in der DDR" besuchte. Schließlich war das Thema meines schriftlichen Examens in Geschichte "Wendepunkte der DDR-Geschichte in den 60er- und 70er-Jahren".

Der Titel dieses Eintrags heißt "Wer die Wahl hat...". Gemeint ist dabei natürlich der vergangene Wahlsonntag. Was hat nun das Eine mit dem Anderen zu tun?

Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl liegt in Deutschland bei 43,3 %. Das ist erschreckend und absolut enttäuschend. Ich möchte hier jetzt nicht mit Analsysen oder der Aufzählung möglicher Gründe beginnen. Man kann unzufrieden über die Politik sein, keine Frage. Man kann sich aufregen, hadern und schimpfen auf vermeintlich oder tatsächlich faule Politiker, auf nichtsnützige, machtgeile, beeinflussbare und korrupte.
Aber warum bekommt man es nicht hin, eine halbe Stunde seiner Zeit aufzubringen, um dieses demkratische Privileg zu nutzen!?
Ja, es ist ein Privileg!
Denn genau das ist ein entscheidender Faktor, welcher die DDR zu einem Unrechtsstaat mit einem totalitären Regime machte: unfreie Wahlen, bei denen schon der Begriff "Wahl" völlig falsch ist, da es keine (Aus)Wahl zwischen mindestens zwei Parteien gab.

Die ganzen Gründe, auf die Politik wütend zu sein, sind ja völlig legitim! Aber man könnte genauso gut protestieren, in dem man einen leeren Stimmzettel abgibt oder irgendwelche nicht-extremen Kleinstparteien wählt.
Aber einfach nicht zur Wahl zu gehen signalisiert meiner Meinung nach, dass es einem völlig egal ist! Dass es einem völlig gleichgültig ist, am demokratischen Prozess teilzunehmen! Dann allerdings braucht man sich auch nicht über die Politik zu beklagen, zu deren Zustandekommen man selber rein gar nichts beigetragen hat!

Mit einer solch konstant niedrigen Wahlbeteiligung wird die Demokratie auf lange Sicht gesehen ein Problem mit der Legitimation bekommen: Wenn nicht einmal mehr die Hälfte der Wahlberechtigten das politische und gesellschaftliche System mit ihrer prinzipiellen Handlung der Wahl unterstützen, gibt man zwangsläufig denen Auftrieb, die gegen die Demokratie an sich zu Felde ziehen!

Solche Vorschläge, die nun schon wieder von Politikern verbreitet werden (z.B. 50 € Strafe für Nichtwählen) sind natürlich absoluter Schwachsinn und führt genau weiter zu diesem Politikverdruss, der die Anzahl der Nichtwähler ansteigen lässt.
Vielmehr ist weiterhin Überzeugungsarbeit im Sinne der Demokratie nötig. Man muss den Menschen vor Augen führen, dass es durchaus mehr positive Seiten einer Demokratie gibt und dass jeder Einzelne - wie auch immer - etwas zu ihrem Gelingen beitragen kann.

Dass jede Stimme etwas bewegen kann, zeigt doch gerade der Ausgang der Stuttgarter Kommunalwahl, bei der es die Grünen sensationellerweise zur stärksten Fraktion im Gemeinderat geschafft haben!

Dass Protest nicht sinnlos ist, zeigen Arbeiterstreiks wie z.B. der der Erzieherinnen & Erzieher, Proteste gegen Studiengebühren, Demonstrationen gegen Rechtsradikale, Bürgerinitiativen oder so ein Protest wie gegen den "Masterplan" der Uni Stuttgart.
Oft wird nicht das erreicht, was ursprünglich gefordert wurde, aber sollte man es deswegen ganz lassen? Ist uns das alles egal? Von den noch viel schlimmeren Problemen in anderen Ländern und den globalen Problemen ganz abgesehen?

Sicher, ich könnte auch noch mehr tun. Mehr tun, als hier nur kluge Worte zu schreiben!

Aber dass die Mehrheit nicht einmal das Grundrecht einer demokratischen Ordnung nutzt, zeigt, dass noch ein harter Weg vor uns liegt!

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