Ein "Blogeintrag Eva Hermanns" ist zu einem Vergleich der Loveparade mit Sodom und Gomorrha mit katastrophalen Folgen geworden: Mindestens vier haarsträubende Thesen und über 50 verwirrende Zeilen. Interessanter Einwurf mit überlegenswerten Gedanken? Wer Eva Hermann kennt und wer ihren Aussagen über mehrere Jahre gefolgt ist, kommt zu einer etwas differenzierten Meinung.
Stolz präsentiert Eva Hermann das erste Zitat, das wohl ihre These, die Veranstaltung sei eine "riesige Drogen-, Alkohol- und Sexorgie" unterstützen soll und dass es sich bei der Loveparade nicht um eine Kulturveranstaltung handele. Das Zitat ist: '»Die maximale Tongesamtleistung auf dem Gelände beträgt 750 000 Watt. Es handelt sich um eins der größten Beschallungssysteme, das je in Europa zum Einsatz kam.«' Die Aussage der Orgie bekräftigt Hermann in den zwei folgenden Absätzen, indem sie Bilder der Fernsehübertragungen oder der dpa (wie sie vier davon für ihren Beitrag verwendet) als Argumente heranzieht, bei deren Anblick man glaube, man sei "in der Verfilmung der letzten Tage gelandet [...] wie sie in der Bibel beschrieben werden".
Die weitere These, dass es sich nicht um eine Kulturveranstaltung handele, ist eine höchst subjektive und relative - Hermann unterstreicht sie mit ihrer Meinung, dass "das ohrenbetäubende, stereotype Rave-Gehämmere [...] nicht mehr im Geringsten etwas mit dem einstmaligen Begriff von Musik zu tun" habe.
Begriffe wie Stichhaltigkeit oder Konservatismus haben sich hier in ihre Bestandteile aufgelöst.
Nachdem die Tendenz dieses Beitrags deutlich wird, spricht die Autorin gebetsmühlenartig von "riesige[n] dunkle[n] Wolken der Enthemmung und Entfesselung", von Trieben, die im Gegensatz zur Liebe stünden. Sie wirkt dabei manchmal so, als habe sie "jegliche Selbstkontrolle abgegeben, ekstatisch und wie im Sog [folgt] sie dem finsteren Meister der sichtbaren Verführung".
Dieser Meister muss wohl derjenige sein, der einen dazu verführt, Einzelbeispiele auf die Allgemeinheit zu übertragen und so zu schreiben, dass es den Eindruck erweckt, selbst dabei gewesen zu sein! Die abstruseste und schamloseste These folgt nämlich, indem Hermann tatsächlich behauptet, "eine Menge Aggressionspotential" und die sich entladende Wut, die entstanden sei, als die Polizei die Menschen am Tunnel vorbeileiten wollte, sei Ursache des Unglücks.
"Denn die Partygäste wollten sich eben nicht umleiten lassen, sondern sie wollten direkt und schnell Party machen, waren sie doch extra hergekommen, um so richtig die Sau raus zu lassen. Die Polizei und die Sicherheitskräfte, die ihr Bestes tun, werden von den Vollgedröhnten bepöbelt, beleidigt und angegriffen."
"Anstand" - nicht oft wurde ein Begriff so verunglimpft als bei diesem Beitrag. Man muss sich kopschüttelnd fragen, welches Verständnis von "Anstand" Eva Hermann durch solche und bedauerlicherweise selbstverständlich gewordenen Verallgemeinerungen und "Falschbezeichnungen" verbreitet.
Die abstrusen Auswüchse dieses pseudo-christlichen, übersteigerten Neo-Konservatismus sind definitiv auf das Versagen der Achtundsechziger zurückzuführen, denen es scheinbar nicht gelungen ist, ihre prinzipielle Bejahung einer liberalen, toleranten und offenen Gesellschaft in all deren Schichten hineinzutragen.
Zum Ende noch das allerletzte Zitat:
"Eventuell haben hier ja auch ganz andere Mächte mit eingegriffen, um dem schamlosen Treiben endlich ein Ende zu setzen."
Ich weiß nicht, welche anderen Mächte am Werk sein müssen, um solch einen Artikel zu schreiben. Ich denke aber, dass dies gar nicht der Fall ist. Es scheint einfach die Meinung und das Weltbild Eva Hermanns zu sein, das wohl doch leider auf einige Zustimmung treffen muss.
Gedanken, Kommentare, Meinungen zu Aktuellem & Vergangenem oder einfach nur etwas, was wert sein könnte von aller Welt gelesen werden zu können.
Montag, 26. Juli 2010
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