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Mittwoch, 28. Januar 2015

Synergie-Effekt

Ich erfreue mich weiterhin an der anhaltenden Winterpause und sehe mit Erschrecken, dass es nur noch drei Tage bis zu deren Ende sind. Ob ich dann noch die Muße und Zeit finde, die Vielzahl von Konzerten zu besuchen wie in den letzten drei Wochen, wage ich doch zu bezweifeln. Und so beende ich diese erholsame Zeit, frei von jeglichem Abstiegskampf, mit vier Konzerten in fünf Tagen. Der Großteil der besuchten Konzerte geht auf das Konto des wunderbaren Popfreaks-Festivals des Merlin, für das ich mir einen eigenen Bericht vorgenommen habe.

Gestern empfing ich dagegen wieder einmal eine Nachricht, ob ich am Abend Lust hätte der +1 zu sein, was ich natürlich immer wieder gerne bin. Nun also "Tour of tours". Gut, eine kurze Beschreibung des Prinzips hatte ich bei kophörer.fm gelesen, konnte mir darunter allerdings nicht viel vorstellen. Fünf an sich autarke Projekte spielen zusammen eine Tour und spielen in verschiedenen Besetzungen ihre Songs. Der erste Gedanke: "Viele Köche verderben den Brei", was einen gewissen "Soundbrei" nicht ausschließen lässt. Unvergessen bei diesem Aspekt meine eigene Abi-Band, bei der fast eine Handvoll Sängerinnen zur Geltung kommen wollten, was manchen Songs nicht unbedingt bekommen ist (aber welchem Song bekommt schon die Interpretation durch eine Abi-Band?!).
Meine bescheidenen Band-Kenntnisse erlaubten mir zudem, nur eines der Projekte zu kennen - den Musiker Honig von seinem letzten Konzert in Stuttgart, ebenfalls im 1210.

Ankunft um halb neun im Club und die Erkenntnis: So voll habe ich das 1210 bei einem Konzert schon lange nicht mehr erlebt! Gut, bei fünf Bands, bei der jede sich einen gewissen Satus erspielt hat, wiederum nicht allzu verwunderlich - aber eben auch sehr erfreulich. Der Weg zur Bar und zum schon am besten Fotografenplatz befindlichen Band-Kollegen wurde schließlich erfolgreich freigerempelt und nach 12-15 Entschuldigungen erreicht. Das Konzert war zu diesem Zeitpunkt schon in vollem Gange (eine Ausnahme, wie ein kürzlich erschienener Artikel, in dem sich über bewusst verspätete Konzertanfänge beschwert wurde) und ich ahnte noch nicht, dass dieser wilde Haufen diese Zeit auch benötigen sollte.

Und es kam eben nicht zu dem Befürchteten Soundbrei. Das liegt sicher an der inzwischen recht guten PA im 1210, an einem fähigen Mischer und aber vor allem daran, dass die Musiker es verstanden, sich in entscheidenden Situationen jede/r für sich zurückzunehmen. Da wurde ordentlich gewechselt an den Instrumenten - Reise nach Jerusalem auf der Bühne. Und selbst der Gitarren-Roadie, der im Eck auf der Bühne neben dem Schlagzeug biertrinkend und Gitarre reichend saß, stieg zum Ende als dritter Percussionist mit ein.
Musikalisch war alles grob dem Folk zuzuordnen. Mal mit mehr Singer-Songwriter-Melancholie, dann wieder mit Fiedel-Stampf-Rhythmus. Sehr gelungen waren auch die Backgroundgesänge, die einen meist wohligen Gesangsteppich legten, auf dem sich vor allem Stefan Honigs Stimme und bei seinen letzten beiden Liedern auch die Tim Neuhaus' abhob. Leider konnte man die wunderbare Stimme der einzigen Frau auf der Bühne (Heta Salkolahti - natürlich an den Instrumenten Geige/Akkordeon...) nur bei einem Teil eines Liedes hören - schade!

Was dieses Konzert zu einer wahren Freude machte, waren die teilweise herrlichen Songs und vor allem die sicht- und spürbare Freude, mit der alle diese auf die Bühne brachten. Da grinste Tim Neuhaus über beide Ohren als bei einem seiner Songs der Zuschauer-Chor sehr präsent war. Da ließ sich Martin Hannaford, Gitarrist bei Honig, zu einem Stagedive plus Solo hinreißen. Da wurde überall auf allem, was zu erreichen war mitgetrommelt. Und, und, und. Und das 2 1/2 Stunden lang, wobei bei mir keineswegs Langeweile aufkam, bei diesem Folk-Wirbelsturm im 1210.