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Montag, 24. November 2014

Young Hare

Die erste Irritation stellte sich schon am Eingang ein, als von mir 5€ verlangt wurden, auf dem Zettel neben der Kasse aber eine große Acht zu lesen war. Dies habe seine Gründe, wurde mir lakonisch als Antwort auf meinen verwirrten Blick hin gesagt, und ich solle mich doch freuen. Da ich aus eigener Erfahrung Diskussionen über die richtige bzw. angemessene Höhe des Eintritts zu Genüge kenne, dachte ich, dass die 3€ mehr in meinem Geldbeutel, gleichzeitig Betrag X weniger in der Bandkasse sind.

Da ich an diesem Abend a) keine Begleitung hatte und b) sich keiner der üblichen Verdächtigen Konzertjunkies einfand (waren wohl alle bei den Erdmöbeln in Schorndorf), beschäftigte ich mich auf die übliche Art und Weise: Bier und Twitter. Die beiden Musiker des Duos Young Hare aus Frankfurt ließen sich dann aber doch so viel Zeit bis zum Auftritt, dass eine dritte Beschäftigung hinzukam: Leute beobachten. Aber da war meine Twitter-Timeline dann doch ergiebiger, denn genau aufgrund des eher mäßigen Besuchs warteten die Musiker schließlich so lange - eine Krux!

Kurz darauf dann die nächste bekannte Situation, die dazu führte, dass den Beiden meine volle Solidarität schon vor dem ersten Ton sicher war: Der Mischer sah sich bemüht, den dann doch ca. 25 in der Bar Rakete Anwesenden kundzutun, dass das Konzert nun beginne. Das fühlt sich nach Jugendhaus-Konzert an, das will man als Band nicht. Noch schlimmer ist dann nur, wenn auf diesen flehentlich wirkenden Aufruf nach zehn Minuten sich nur fünf Leute vor die Bühne bemühen. Martin Pfanzer und Marc Krause wirkten dann auch reichlich irritiert, was sich leider auch auf die ersten beiden Stücke auswirkte. Das wirkte etwas zaghaft und die Soundprobleme machten das nicht besser. Der Bass zu überdreht, die elektronischen Snare-Sounds, die geschickt mit einer klassischen Snare kombiniert wurden, noch zu leise. Doch es ist den beiden Musikern hoch anzurechnen, dass sie ab dem dritten Song diese ganzen Unwägbarkeiten zur Seite wischten und ein richtig feines Set hinlegten. Da wurde das Schlagzeug präziser, legte die Basis für einen wunderbar veträumten Sound, und setzte für meinen Geschmack genau an den richtigen Stellen eine durchgängige Base ein. Darüber sphärische Gesangselemente, Synthie-Melodien und ab und an eine dosiert eingesetzte E-Gitarre. Das hatte zwar keine Ecken und Kanten, das muss aber auch nicht immer sein. Die sich nun im Raum befindlichen ca. 20 Zuhörer waren jedenfalls vollauf zufrieden und sorgten dann doch noch für einen angemessenen Schlussapplaus.

Samstag, 22. November 2014

Looping

Wenn als Konzertbeginn 20 Uhr angegeben ist, ist man bei kleineren Clubkonzerten mit 20.30 Uhr Ankunftszeit an der Location meistens noch deutlich zu früh, schlürft, den Twitter-Tag nachlvollziehend, am ersten Bier und wartet auf bekannte Konzertgänger.
Daher war ich nicht allzu gehetzt, als ich mit 15-minütiger Verspätung die 3 Minuten Fußweg vom Proberaum und der eigenen Bandprobe zur Liedrhalle zurücklegte, wunderte mich allerdings, dass niemand mehr außerhalb des Mozart-Saals anzutreffen war, außer einer Handvoll zuvorkommender Liederhallen-Mitarbeiterinnen. Diejenige am Eingang raunte uns dann auch zu, dass die Vorband noch ca. zehn Minuten spiele und wir uns doch bitte nicht auf unsere angestammten Sitzplätze, sondern auf welche direkt am Eingang begeben sollten. Wir taten wie geheißen und ich kam mir sogleich etwas deplatziert vor. Oder besser gesagt, hatte ich etwas Anderes erwartet. Okay, die Liederhalle als Location für Bernhoft hat schon ein etwas gediegeneres Ambiente vermuten lassen - aber ein komplett bestuhlter Saal? Ohne ein Bier in der Hand? Nun gut, lauschten wir also andächtig der 3-köpfigen Vorband, deren Namen später im Schlussapplaus unterging. Im Kopf blieb vor allem eine nette Geschichte von einer ihrer letzten Touren, auf der sie mit englischen Freunden in Deutschland unterwegs waren und in einer Polizeikontrolle kamen. Der Sänger wurde von einem Polizisten durch das Fenster gefragt, ob er seinen Führerschein dabei habe. Dies verneinte er, gab dafür an, fünf oder sechs Bier vor der Fahrt getrunken zu haben. Erst durch das Feixen der Kollegen habe der eifrige Beamte festgestellt, dass es sich um ein englisches Gefährt handelte und dem mutmaßlich angetrunkenen Fahrer neben dem Führerschein auch ein Lenkrad fehlte.

Zurück zum Konzert, zweiter Teil nach der Pause (stilvoll durch Gong beendet) - Bernhoft. Zum ersten Mal erlebt hatte ich diesen sympathischen Musiker, den Looping Louie Norwegens, bei seinem letzten Konzert in Stuttgart, damals im Universum. Schon da beeindruckte mich seine Fertigkeit des scheinbar endlosen Loopens durchaus. Doch ich muss zugeben, dass der Umstand einer deutlich besseren Akustik und des sehr konzentriert zuhörenden Publikums (vielleicht sind reine Stuhlkonzerte doch die Lösung für allzu redselige Konzertbesucher?) das Konzertvergnügen im Vergleich zum Universum nochmals deutlich steigerten.
Die starken Momente hatte Jarle Norman Bernhoft-Sjødin vor allem, wenn er nicht allzu viele Loops übereinander schichtete und sich dann auf seine wirklich markante Soulstimme konzentrierte. Dazu noch ein pointierter Bass und der Groove war unaufhaltsam. Auch die drei ruhigeren Songs, bei der die Gefahr, nach einem langen Tag sitzend etwas wegzudämmern, sehr groß war, ware durch seine stimmliche Präsenz durchaus abwechslungsreich.
Auch wenn das vielleicht etwas ironisch klingt, ist es ernst gemeint: Auch bei der Tatsache, dass Bernhoft zeitlich kein allzu umfangreiches Konzert auf die Bühne brachte, ist ein Pluspunkt - somit vermeidet er die meiner Meinung nach naheliegende Gefahr, dass das ausgiebige Loopen sich musikalisch irgendwann im Kreis dreht.